Kreis und quer:Einfach mal das Hirn auslagern

Wer viel zu erledigen hat, kann zu einfachen Hilfsmitteln greifen: Er schreibt To-do-Listen. Ob's hilft, ist die Frage

Kolumne von Iris Hilberth

Wieder mal viel zu tun? Die Liste im Kopf wird immer länger: Altpapier wegbringen, Steuerbelege sortieren, Sportschuhe kaufen, Präsentation für das nächste Meeting überarbeiten, Kuchen für das Kindergartenfest backen, Werkstatttermin für den Ölwechsel machen, Geschenk für Paul besorgen. . . War da noch was? Wohl dem, der sich eine To-do-Liste angelegt hat. Erst kürzlich hat der amerikanische Psychologe Michael Scullin in einer Studie bestätigt: Allein das Erstellen solcher Listen baut Stress ab. Das Outsourcing mentaler Markierungen aus dem Kopf räumt quasi das Gehirn auf, sagen auch britische Forscher. Ein schlichter Zettel oder eine Excel-Tabelle als externe Festplatte des Zerebrums.

To-do-Listen sind wohl so alt wie die Welt selbst. Auf dem berühmtesten aller Erledigungs-Zettel stand einst: 1. Urflut und Licht, 2. Scheidung des Wassers in oberhalb und unterhalb des Himmelsgewölbes, 3. Land, Meer und Pflanzen . . . Vermutlich haben so Typen wie Alexander der Große umfangreiche Tabellen mit Eroberungszielen abgearbeitet.

Auch in dieser Woche sind wichtige To-do-Listen erstellt worden. Wie immer, wenn Politiker gewählt werden. Bei Angela Merkel steht da: Wohlstand, innere Sicherheit, Reform der Euro-Zone . . . Markus Söder, der seine persönliche To-do-Liste mit 1. Generalsekretär, 2. Europaminister, 3. Umweltminister, 4. Finanzminister, 5. Ministerpräsident ja bis auf 6. CSU-Chef abgehakt hat, notiert sich für das neue Amt: "Modernisierung durch Digitalisierung, Pflege, Wohnungsbau und Verkehr." Auch der neue Baierbrunner Bürgermeister Wolfgang Jirschik hat nach dem Wahlsieg Einblicke in seinen Plan gewährt: Birnbaum pflanzen, Schule bauen, Wohnungsbauprogramm, Vereine unterstützen, wandern.

Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer macht den Job schon länger, und er hat mit seinem persönlichen Referenten Simon Hötzl auch stets so etwas wie ein Back-up zur Seite. Außerdem gibt es ja auch noch die Grünen. Die haben ihm am Mittwoch im Gemeinderat eine umfangreiche To-do-Liste vorgelegt - mit nichtbehandelten Anträgen und Anfragen aus den vergangenen zwei Jahren. Die hat Panzer zwar in machen Punkten in Erklärungsnot gebracht. Doch muss er sich nicht allzu sehr grämen: Das Online-Karrierenetzwerk LinkedIn hat herausgefunden, dass zwar 63 Prozent von 6500 befragten Arbeitnehmern Listen anlegen, aber nur elf Prozent am Ende des Arbeitstages alle Punkte abgearbeitet haben. Der Software-Hersteller iDoneThis will sogar festgestellt haben: 41 Prozent aller Einträge werden niemals erledigt. Vielleicht liegt das daran, dass vielen das Abhaken als Erfolgserlebnis nicht ausreicht. Die könnten es mit der App namens HabitRPG versuchen, die den Nutzer wie bei Rollenspielen mit Erfahrungspunkten belohnt oder mit Abziehen von "Lebensenergie" bestraft. Helfen könnte vielleicht auch die App Carrot. Sie begrüßt den Anwender zu Beginn der Woche mit "Sei gegrüßt, fauler Mensch."

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