Kreis und quer:Alles schon mal da gewesen

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Tunnel, Straßen und sogar ein Kastell, das größer war als ein Gewerbegebiet. Mal sehen, was demnächst noch so aus dem Untergrund des Landkreises auftaucht

Von Iris Hilberth

Wenn Leute schon lang im Gemeinderat sitzen oder Bürgermeister schon ewig im Amt sind, kommt es immer wieder vor, dass sie gelangweilt abwinken, wenn ein Neuling im Gremium meint, einen bahnbrechenden Vorschlag machen zu können, oder aufgeregt mit einem Antrag die Welt retten will. Hatten wir alles schon, alter Hut, nützt nix, hilft nicht, heißt es dann. Kurz: Vergiss es! Besonders neigen Gemeinderäte zu solchen Wortmeldungen, wenn sie früher selbst mal auf dem Chefsessel im Rathaus saßen. Eckhard Kalinowski etwa, einst SPD-Bürgermeister von Taufkirchen und jetzt Gemeinderatsmitglied von den Freien Wählern, machte diese Woche wieder klar: Aufregung lohnt sich nicht. In Taufkirchen sind nämlich einige Bürger ganz nervös, weil in einem Ideen-Wettbewerb für junge Architekten der Münchner Wohnungsbaugesellschaft Gewofag über Stelzenbauten in ihrem Viertel diskutiert wird. Kalinowski lachte und winkte ab: Was es bei diesen Wettbewerben schon für Vorschläge gab! Er erinnert sich amüsiert an überdachte Autobahnen mit grasenden Kühen. Gibt es bis heute nicht.

Aber wer weiß schon, ob das nicht doch mal existierte. Genauso wie möglicherweise die Stelzenhäuser. Vielleicht muss man nur noch weiter zurückschauen als in Kalinowskis Amtszeit. Oder auch mal richtig tief graben. In der Vergangenheit und in der Erde. Siehe Aying. Was sie dort alles gefunden haben, spricht tatsächlich dafür, dass im Landkreis München alles schon mal da war. Ein Kastell haben sie entdeckt, das muss so groß gewesen sein, dass das Gewerbegebiet Brunnthal ein Dreck dagegen ist. Die Aufregung über große Hallen und hohe Mauern lohnt sich also gar nicht.

Man muss nur lange genug warten, dann wächst eh wieder Gras drüber. Oder die alten unterirdischen Gänge, die als Erdställe bezeichnet werden. Da soll noch einer behaupten, ein Tunnelbau für die eine oder andere U-Bahn in den Landkreis käme zu teuer. Mal sehen, was demnächst noch so aus dem Untergrund des Landkreises auftaucht. Dann wird man vielleicht feststellen: Auch eine Realschule hatte Oberhaching schon zu Zeiten von Asterix und Obelix, Traglufthallen kannte bereits Hacho, der alte Bajuware, und Radschnellwege hat sich Landrat Göbel von den Römern abgeschaut.

Erst diese Woche wurde bei Bauarbeiten in Großhelfendorf ein Stück der alten Römerstraße freigelegt. Was müssen das damals für kostenintensive Straßenarbeiten gewesen sein, als sie dieses Teilstück des römischen Straßennetzes, das sie heute Via Julia nennen, mit Kieselsteinen gepflastert haben. Kaputt war sie trotzdem ständig. Spurrillen von Karren und Eisenrädern haben die Forscher entdeckt. Irgendwann wurde das dem Kaiser zu teuer und er erfand den Codex sumptuum viarum emendandarum - die Straßenausbaubeitragssatzung.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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