Kraftwerk Nord:Ersatz für den Kohleblock

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Die Stadtwerke München verhandeln mit Unterföhring über den Bau einer Gasturbinenanlage. Als Alternative erwägen sie mehrere kleine, dezentrale Heizwerke - unter anderem eines am Cosimabad.

Von Ulrike Steinbacher, Unterföhring/München

Sie sind nicht zu beneiden, die beiden leitenden Mitarbeiter der Stadtwerke (SWM), die derzeit in den Münchner Bezirksausschüssen erklären müssen, warum in der Stadt vielleicht fünf bis sieben neue Heizwerke hochgezogen werden, zum Teil mitten in Wohngebieten. In Bogenhausen, wo der Parkplatz des Cosimabads als Standort geprüft wird, blieben die Stadtviertelvertreter zwar recht sachlich. Ihre kategorische Ablehnung ließ sich aber an der Formulierung ihrer Fragen erkennen.

Gerade in Bogenhausen war der Widerstand gegen das Verfeuern von Steinkohle im benachbarten Kraftwerk München Nord immer groß gewesen, gerade dort erzielte der erfolgreiche Bürgerentscheid vom Herbst 2017, der die Stilllegung des Kohleblocks bis Ende 2022 erzwang, hohe Zustimmungsraten. Die Stadtwerke stehen nun vor dem Problem, dass sie Ersatz schaffen müssen. Zum einen führen sie daher Gespräche mit der Gemeinde Unterföhring, auf deren Gebiet das Münchner Kraftwerk Nord liegt. Gebaut werden soll dort eine neue große Gas- und Dampfturbinenanlage.

Der Haken: Für das Grundstück, wo der Neubau hin soll, gibt es keinen Bebauungsplan, und als Kraftwerkstandort ist es auch nicht festgelegt. Bis es dort Baurecht gibt und die Einsprüche von Bürgern juristisch geklärt sind, kann es also dauern. "Wir können nicht abwarten, ob wir hier weiterkommen", fasste Thomas Prein vom Büro des technischen Geschäftsführers der SWM die Lage zusammen, als er die Probleme in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses Bogenhausen erklärte.

Vorschläge sind "keine Idealstandorte"

Also nehmen die Stadtwerke parallel zu den Gesprächen mit Unterföhring Option zwei in Angriff. Das sind die besagten fünf bis sieben dezentralen Heizwerke. Zwölf Standorte im Stadtgebiet werden auf ihre Eignung dafür untersucht. Die Grundstücke müssen an Einspeisepunkten des Fernwärmenetzes liegen, sie sollten tunlichst schon der Stadt oder den Stadtwerken gehören und sie müssen eine gewisse Größe haben. Werner Rühle von der Leitung der SWM Services GmbH erklärte den Bogenhausern, dass so ein Heizwerk mit zwei Kesseln 17 Meter breit, 32 Meter lang und zehn Meter hoch wird. Hinzu kommen der runde Wärmespeicher mit acht Metern Durchmesser und 25 Metern Höhe und zwei Schornsteine von 35 bis 40 Metern. Nicht zu vergessen die befestigte Zufahrt samt Umfahrung der Anlage und die Montagefläche für die Kessel, die mit Schwertransportern angeliefert und per Kran eingehoben werden.

Summa summarum kam Rühle auf eine Standardgröße von 60 auf 50 Meter, 3000 Quadratmeter. Die Vorschläge seien "keine Idealstandorte", räumte Prein ein. Es gehe aber darum, die Fernwärmeversorgung in der Stadt sicherzustellen, und da sei der Zeitplan "sehr eng gestrickt". Bis Ende 2019 soll nach Vorstellung der SWM nicht nur die Bewertung der zwölf Standorte abgeschlossen sein, sondern auch die Auswahl getroffen, die Planung erstellt, die Genehmigung erteilt. Von 2020 an wollen die Stadtwerke bauen.

Die Idee mit der Kaltreserve wurde verworfen

In der Fragerunde im Bezirksausschuss Bogenhausen setzte die Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) den Ton mit dem Satz: "Unsere momentane Friedlichkeit dem Standort gegenüber ist unserer Disziplin geschuldet." Karin Vetterle (SPD) fragte mit Verweis auf den fehlenden Bebauungsplan für das Unterföhringer Gelände, ob die Stadtwerke denn Baurecht für den Parkplatz am Cosimabad hätten, Kraftwerksnutzung inklusive. Nicola Holtmann (ÖDP) wollte wissen, warum man die Heizwerke nicht mit den künftigen Geothermiestandorten zusammenlege, ob man den Unterföhringer Kohleblock als Kaltreserve nutzen könne und was gegen einen Zusammenschluss mit den Umlandgemeinden spreche, um sich gegenseitig auszuhelfen.

Die Geothermie konzentriere sich eher im Süden der Stadt, weil dort die Wassertemperaturen höher seien, erwiderte Rühle. Die Heizwerke dagegen müssten über das Fernwärmenetz verteilt werden. Auch die Idee mit der Kaltreserve verwarf er: Eine Reserve müsse sofort zur Verfügung stehen, beim Kohleblock dagegen dauere das Wiederanfahren eine Woche. In der Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden schließlich müsse man erstens die unterschiedlichen Größenordnungen sehen. Und zweitens seien die Kommunen der Region sicher bereit, Wärme zu liefern, um ihre Geothermieanlagen auszulasten. "Aber nur im Sommer. Im Winter haben die keine Wärme übrig", sagte der Stadtwerke-Vertreter.

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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