Korruptionsverdacht:Razzia im Baureferat

Die Staatsanwaltschaft hat Büros der Münchner Stadtentwässerung durchsucht. Neun Baukontrollmeister stehen im Verdacht, für Firmen gegen Entlohnung Kanalbaupläne gezeichnet zu haben.

Christian Rost

Die Büros der zum Baureferat gehörenden Münchner Stadtentwässerung sind am Dienstag von der Staatsanwaltschaft durchsucht worden. Es handelt sich bereits um die zweite Razzia seit Juli 2009 im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen gegen Kontrolleure der Kanalbauabteilung.

Reinigungsarbeiten in der Münchner Kanalisation, 2009

Mitten im Sumpf: Ein Mitarbeiter der Stadtentwässerung reinigt die Kanalisation.

(Foto: Stephan Rumpf)

Neun Baukontrollmeister stehen im Verdacht, für mehrere Firmen gegen Entlohnung Kanalbaupläne gezeichnet zu haben. Gegen einen der Beschuldigten, Harald, T., hat gestern am Münchner Amtsgericht der Prozess wegen Bestechlichkeit begonnen.

Nach der Darstellung des 51-Jährigen war es seit wenigstens 1989 in der städtischen Kanalbauabteilung gang und gäbe, dass die Mitarbeiter zugleich für private Firmen tätig waren. Weil sie das nach einer Anti-Korruptionsrichtlinie der Stadt nicht durften, meldeten sie im Namen ihrer Ehefrauen oder ihrer Kinder Firmen an, um die Einnahmen aus diesen unerlaubten Nebentätigkeiten abrechnen und vor ihrem Arbeitgeber verschleiern zu können. T., der inzwischen von der Stadt aus dem Dienst entfernt wurde und arbeitslos ist, räumte ein, für mehrere Firmen Kanalbaupläne gezeichnet zu haben.

"Jeder in unserer Abteilung hat das gemacht. Unser Chef hat das sogar gutgeheißen, weil die Pläne, die ja wieder bei uns zur Genehmigung eingereicht wurden, dann wenigstens in Ordnung waren", sagte der Mann. Er hat sich auf diese Weise zu seinem städtischen Lohn mehrere tausend Euro hinzuverdient. Der Angeklagte bestritt aber, korrupt gewesen zu sein. Er habe nie eine Firma, von der er Geld bekommen habe, begünstigt. Der Kanalbauunternehmer Friedrich L. hatte dem Kontrolleur von 2005 bis 2007 Aufträge für Planzeichnungen für Projekte wie die BMW-Welt oder das Sea-Life zugeschanzt.

Im Zeugenstand bestätigte L., dass er nur an gut gezeichneten Plänen interessiert gewesen sei und sich von T. sonst nichts erwartet habe, etwa Empfehlungen für Aufträge oder Informationen zu Ausschreibungen. Der Unternehmer allerdings ist bereits wegen der Vorgänge im Baureferat verurteilt worden. Wegen Bestechung erhielt er eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Prozess gegen T. wird fortgesetzt.

Gegen acht Kanalbaukontrolleure und mehrere Firmen laufen die Ermittlungen noch. Zwei weitere Verfahren wurden eingestellt, ein Amtsträger erhielt einen Strafbefehl über mehrere tausend Euro. Am Dienstag hat die Staatsanwaltschaft im Zuge der Ermittlungen erneut die Büros der Stadtentwässerung durchsucht. Die Stadt bestätigte die Razzia, die Staatsanwaltschaft gab "keinen Kommentar" dazu ab.

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