Konzert in Pullach:Vier mit Spannungsbögen

Konzert in Pullach: Meistern neue Spieltechniken, changieren aber auch klassisch versiert zwischen Schwermut und Leichtigkeit: die vier Musiker des Daedalus Quartetts.

Meistern neue Spieltechniken, changieren aber auch klassisch versiert zwischen Schwermut und Leichtigkeit: die vier Musiker des Daedalus Quartetts.

(Foto: Claus Schunk)

Das Daedalus Quartet überzeugt im Pullacher Bürgerhaus mit einem eher unkonventionellen Programm

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Pullach

Es sei ein erhebendes Gefühl, sagt die Geigerin Min-Young Kim nach dem Auftritt im Bürgerhaus Pullach, dort aufzutreten, wo das Streichquartett seine Heimat hat - in Europa. Die Primaria des amerikanischen Daedalus Quartet denkt dabei an Joseph Haydn, aus dessen Opus 1 Nr. 3 der gerade gespielte Zugabensatz stammt. Die drei US-Amerikaner - neben Kim ist es die Bratschistin Jessica Thompson und der Cellist Thomas Kraines sowie die kanadische Geigerin Matilda Kaul - sind für einige der Zuhörer im Bürgerhaus Pullach keine Unbekannten. Sie waren schon 2013 hier zu Gast.

Am Mittwoch haben sie ein unkonventionelleres Programm gewagt und nicht mit einem Streichquartett aus der Wiener Klassik begonnen, sondern mit dem selten zu hörenden ersten Streichquartett des russischen Komonisten Sergej Prokofjew. Es braucht Zeit, sich in das Ungewohnte einzuhören, aber das Quartet bewältigt die gebrochene, überspitzte und lakonische Musik des Modernisten Prokofjew aus dem Jahr 1930 mit souveräner Klangbalance und Dynamik. Die vier Streicher, die sich im Jahr 2000 zusammen taten und ein Jahr später den renommierten Wettbewerb im kanadischen Banff gewannen, sind Spezialisten für zeitgenössische Musik. Zum 15. Jahr ihres Bestehens als Ensemble widmete ihnen der heute 74-jährige amerikanische Komponist Fred Lerdahl eine "Chaconne" für Streichquartett, die jetzt als zweiter Programmteil im Bürgerhaus Pullach zu erleben war.

Ein Kontrast zu dem subtil tiefgründigen Finale des Prokofjew-Quartetts, spielt die "Chaconne" doch mit bruchstückhafter einfacher Motivik, die Lerdahl aus Kinderkanons entnommen hat. Auch in dieser Musik zeigt das Quartet, das sich nach dem sagenhaften griechischen Künstler und Baumeister benannt hat, von dem es heißt, er habe die Bildhauerei und das Labyrinth erfunden, seine Spezialität für Zeitgenössisches, meistert brillant diverse neue Spieltechniken und sucht mit suggestiven Spannungsbögen den geneigten und aufgeschlossenen Zuhörer zu beflügeln. Insofern folgten die vier Protagonisten auch hier ihrem Namensgeber, der als Vater des Ikarus auf selbst gebauten Schwingen aus dem Labyrinth in die Freiheit flog.

Die meisten der applaudierenden Zuhörer freuen sich vor allem auf den zweiten Programmteil nach der Pause: Ludwig van Beethovens Streichquartett Nr. 14, op. 131. Ein Spätwerk, mit dem sich Prokofjew beschäftigte, bevor er sein erstes Streichquartett schrieb und das in seiner Entrücktheit wie ein zeitgenössisches Werk wirkt, aber eben von Beethoven stammt. Mit großem Klanggespür für die langsamen Sätze und musikalischem Effet für die schnelleren arbeitet sich das Daedalus Quartet durch das vielgliedrige Werk. Ein Changieren zwischen Schwermut und Leichtigkeit, für welche das Publikum aus dem vollbesetzen Saal herzlichen Beifall und einige Bravo-Rufe spendet.

Und herrlich ist es, am Ende die Haydn-Zugabe zu genießen, die nach der musikalischen Schwere und den anspruchsvollen Hör-Herausforderungen des Abends einen wunderbaren Schwung für den Heimweg gibt.

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