Konflikt in Hohenbrunn:Eine Vision, zwei Versionen

BMW i3 mit Ladestecker

Elektroautos wie der BMW i3 gehören nicht in erster Linie in die Stadt, sondern in die ländlichen Gebiete.

(Foto: Jan Woitas/dpa-tmn)

Der Bürgermeister und der Vorstand geben sich gegenseitig Schuld am Fehlstart der Energiegenossenschaft

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Die Bürger fahren Elektroautos, tanken kostenlos an Stromtankstelle. Entlang der Autobahn stehen Fotovoltaikanlagen, die zugleich als Schallschutz dienen. Überschüssige Energie aus den Firmen wird an die Privathaushalte weitergeleitet. Dank der Brennstoffzelle sind auch die Lkw emissionsfrei unterwegs. Das war einmal die Vision für Hohenbrunn im Jahr 2031, entworfen 2014 bei einer Klimakonferenz mit Bürgern, Fachleuten und Vertretern der Gemeinde. Um die Ideen umzusetzen, wurde damals eine Energiegenossenschaft gegründet. Tatsächlich geschafft hat diese Genossenschaft in Hohenbrunn noch nicht viel.

Die Schuld daran gibt Vorstandsmitglied Thomas Maier dem Hohenbrunner Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU). Dieser war bis Oktober Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft. Eigentlich war eine enge Kooperation zwischen Gemeinde und Genossenschaft vorgesehen. Doch das hat nicht geklappt. "Statt zu gestalten, hat er die Dinge nur verwaltet", sagt Maier über Straßmair.

Wie die Sachen zu laufen haben, da haben Straßmair und der Vorstand der Energiegenossenschaft offenbar Vorstellungen, die ziemlich weit auseinander liegen. Das betrifft die großen und die kleinen Dinge. Im Sommer 2015 beschloss der Gemeinderat, der Genossenschaft beizutreten. Doch bis heute hat die Gemeinde ihre Anteile in Höhe von 7500 Euro noch nicht bezahlt. Denn die Energiegenossenschaft Hohenbrunn ist noch gar nicht offiziell eingetragen. Maier meint, das sei in der Gründungsphase normal. Man warte nur noch auf einen Notartermin - eine Formalität. Straßmair sieht das anders: "Als Jurist sehe ich es als Pflicht an, sich einzutragen. Ich habe das auch mehrfach angemahnt." Und so lange die Genossenschaft nicht eingetragen ist, will er die Anteile nicht bezahlen. Maier sah es immer als Voraussetzung für die Gründung einer lokalen Energiegenossenschaft an, dass die Gemeinde mit im Boot ist. Schließlich sei sogar in der Satzung festgelegt, dass es sich um eine kommunale Genossenschaft handle.

Auch bei der Umsetzung gab es Differenzen. Straßmair und Maier drehten sich auch hier im Kreis. Die Energiegenossenschaft legte Ideen vor - zum Beispiel die Übernahme des Muna-Fernwärmenetzes oder die Errichtung einer Fotovoltaikanlage auf dem Wasserwerk. Maier wollte, bevor es an die Umsetzung ging, zunächst analysieren lassen, wo wie viel Energie verbraucht wird und wo gespart werden könnte. Doch solche Analysen kosten Zeit und damit Geld. "Wir von der Genossenschaft können aber auch nicht alles kostenlos machen", sagt Maier. Doch für solche Leistungen Geld ausgeben will Straßmair erst einmal nicht. Zuerst sollen noch konkretere Konzepte kommen. Außerdem hätte er so einen Auftrag ohnehin nicht einfach so an die Energiegenossenschaft vergeben dürfen, wie er sagt. "Ich hätte ihn offiziell ausschreiben müssen", sagt Straßmair und betont gleichzeitig, dass er die Idee einer Energiegenossenschaft in Hohenbrunn gut finde - er habe sich selbst Anteile gekauft. Maier dagegen fragt sich angesichts des Verhaltens des Bürgermeisters, ob er die Energiegenossenschaft überhaupt will.

Auch über die Umstände des Rückzugs Straßmairs als Aufsichtsratsvorsitzender widersprechen sich die Aussagen beider Seiten. Laut Maier sah der Vorstand der Energiegenossenschaft Straßmair in einem Interessenskonflikt: Auf der einen Seite wollte er sich als Bürgermeister penibel an Vergaberichtlinien halten, auf der anderen Seite sollte er als Aufsichtsratsvorsitzender die Genossenschaft voranbringen. Deshalb habe der Vorstand Straßmair schließlich das Misstrauen ausgesprochen, so Maier. Straßmair hingegen betont, dass er nicht rausgeschmissen worden sei. Er habe es selbst für besser gehalten zu gehen, sagt er, obwohl er die Doppelrolle an sich nicht für problematisch hält. Schließlich befinde er sich als Bürgermeister häufiger in so einer Situation - zum Beispiel ist er auch Vorstandsmitglied in der Awohnbau-Genossenschaft. Straßmair: "Ich kann damit umgehen, aber vielleicht nicht jeder Dritte."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: