Kommentar:Zu früh gefreut

Bei der Flüchtlingsunterbringung stößt die Regierung engagierte Kommunapolitiker vor den Kopf und verkennt eines: Unterkünfte wird es auch weiterhin brauchen

Von Martin Mühlfenzl

Die Grenzen sind dicht. Also nicht die deutschen, aber die österreichischen, ungarischen, slowenischen. Die Hardliner in Europas Süden haben den Hardlinern im bayerischen Kabinett alle Wünsche erfüllt, die ihnen die eigene Bundesregierung nicht erfüllen will. Da kann man als CSU-Landespolitiker angesichts der niedrigen Flüchtlingszahlen schon mal in Jubel ausbrechen. Und freudetrunken den eigenen Landkreisen ein Präsent bescheren, dass sich allerdings nachträglich als Mogelpackung erweisen könnte: den Baustopp von Flüchtlingsunterkünften.

Seit Monaten schinden sich Landräte, Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte ab, um Wohnraum für Schutzsuchende zu schaffen. Sie müssen immer wieder Überzeugungsarbeit leisten, erklären, warum eine Verpflichtung besteht, den Flüchtenden zu helfen, diese dauerhaft zu integrieren. Die überwiegende Mehrheit der Kommunalpolitiker im Landkreis versucht alles, damit die Stimmung in der Bevölkerung nicht kippt und die Hilfsbereitschaft hoch bleibt. Und die Staatsregierung? Braucht nur eine Kabinettssitzung, um Landräte und Bürgermeister vor den Kopf zu stoßen, ihre Bemühungen herabzuwürdigen und in Erklärungsnot zu bringen.

Verantwortungsvolle Landespolitik würde aber darin bestehen, die Landräte und Bürgermeister, die direkt an der Basis die Hauptarbeit in einem Bereich leisten, der ihnen aufgezwungen wird, zu unterstützen. Vor allem finanziell, aber auch logistisch. Die CSU aber reagiert genau gegenteilig. Sie nimmt den Landkreisen und Kommunen jeden Handlungsspielraum und tut, als hätten sich mit der Errichtung von Zäunen im südlichen Europa alle Probleme erledigt.

Von wegen. Tatsächlich war allen Kommunalpolitikern schon im September klar, dass die Herausforderungen erst nach der Erstaufnahme - oder besser gesagt: der ersten Hilfe - beginnen werden. Dass nichts wichtiger sein wird, als den Menschen, die dauerhaft hier bleiben werden, vernünftigen Wohnraum zu bieten. Die Landräte und Bürgermeister sollten sich der Entscheidung des Kabinetts widersetzen und all ihre Planungen und Projekte weiter konsequent vorantreiben. Manchmal dauert es etwas, bis Botschaften auf Landesebene richtig verstanden werden.

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