Kommentar:Verweigerung bringt nichts

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Die Anwohner in Gronsdorf fürchten, dass sich ihr Ortsteil durch die geplanten Bauvorhaben stark verändern wird. Doch die Region braucht dringend Wohnungen

Von Bernhard Lohr

So fühlt es sich also an, wenn eine Entwicklung, über die seit Jahren gesprochen wird, plötzlich vor der eigenen Haustür passiert. Irgendwie gar nicht gut. Es war viel von Ohnmacht die Rede am Mittwochabend, als die Bewohner des Haarer Ortsteils Gronsdorf über ein geplantes größeres Bauvorhaben diskutierten. Es sollen 105 Geschosswohnungen und einige Reihenhäuser entstehen; dazu ist zu erwarten, dass die Stadt München ein größeres Areal auf ähnliche Weise bebaut. Die Wohnungsnot erfordert dies. Es soll, es muss, es wird in der Region gebaut werden.

Dass sich die Bewohner in Gronsdorf, wo die Häuser in der Regel noch von Gärten umgeben sind, schwer damit tun, sich in ihrer Nachbarschaft mit viergeschossigen Gebäuden anzufreunden, ist nachvollziehbar. Sie spüren, dass sich ihr Umfeld verändern wird; und womöglich sogar gravierend. Doch überraschend kommt das nicht. Wo soll denn der immer wieder geforderte Wohnraum geschaffen werden, wenn nicht auf freien Flächen direkt neben einer S-Bahnstation, die auch noch direkt an der Stadtgrenze liegt? Tausende Pendler fahren mit ihren Autos weite Strecken nach München. Die Autobahnen sind dicht. Es muss genau an den S-Bahnknotenpunkten gebaut werden. Das ist im Regionalplan so vorgesehen.

Es ist zudem nur sinnvoll, dort Geschosswohnungen zu errichten. Es müssen neue Wohnformen entwickelt werden, die hohe Wohnqualität bieten, bei geringerem Flächenverbrauch. Die Region muss darauf achten, dass ein Grünzug - wie es ihn gerade zwischen Gronsdorf, Salmdorf und Ottendichl noch gibt - erhalten bleibt. Mit dem Bau von Siedlungen im alten Stil, mit kleinen Häusern auf großen Grundstücken, wird das nicht gelingen. Es darf nicht zu einer Zersiedelung, zu weiterer Landschaftszerstörung und Raubbau an der Kulturlandschaft durch immer neue Straßen kommen. Mit dieser Forderung sind die Gronsdorfer gar nicht so weit entfernt von den Zielen verantwortungsbewusster Politiker und Architekten. Totalverweigerung bringt deshalb nichts. Vielmehr lohnt es sich, darüber zu sprechen, wie städtebaulich und architektonisch qualitätsvolle Antworten auf die Herausforderung des Bevölkerungswachstums gegeben werden können.

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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