Kommentar:Rechthaber unter sich

In der Diskussion um ein neues Rathaus kann sich der Kirchheimer Gemeinderat nicht auf ein strukturiertes Vorgehen einigen. Mit der geplanten Bürgerbefragung ist ein neuer Tiefpunkt erreicht

Von Martin Mühlfenzl

Das mit der Meinungsbildung und Meinungsbildern ist so eine Sache. Politiker glauben gerne, besser zu wissen, was ihre Wähler eigentlich wollen. Im Gegenzug konfrontieren die Bürger die von ihnen selbst Gewählten mit dem Vorwurf, eigentlich überhaupt nicht zu wissen, was sie wirklich wollen. Da es das eine Meinungsbild bei komplexen Fragestellungen aber ohnehin nicht gibt, darf eines ganz deutlich gesagt werden: Beide Seiten haben nicht recht.

In Kirchheim beschäftigt eine derart komplizierte Materie den Gemeinderat seit Monaten. Es geht darum, wo die Kommune ihr neues Rathaus errichten soll. Zwischen den Ortsteilen Kirchheim und Heimstetten oder im Kirchheimer Ortszentrum. Es geht auch um die Frage, was die Bürger wollen; respektive: Was die Fraktionen im Gemeinderat glauben, was ihre Bürger wollen. Da es in dem Gremium aber vor allem ums Rechthaben geht, verheddern sich die Gemeinderäte und Bürgermeister Maximilian Böltl immer mehr in einer aussichtslosen Debatte. Diese gipfelte im Vorschlag von Böltls CSU, ein Ratsbegehren mit vier äußerst schwammigen Fragestellungen auf den Weg zu bringen - die Vorliebe der CSU für ein Rathaus im Kirchheimer Ortszentrum ließ sich deutlich herauslesen. Die Christsozialen rechtfertigten ihr Ansinnen damit, die Bürger hätten vor der Kommunalwahl keine Möglichkeit gehabt, ihr eigenes Meinungsbild in die Wahlentscheidung mit einzubringen. Das ist ein mehr als fadenscheiniges Argument, schließlich läuft die intensive Diskussion um ein neues Rathaus schon viel länger.

Einen neuen Tiefpunkt erreicht diese nun mit dem Vorhaben des Gemeinderats, mit einer Bürgerbefragung ein klares Bild über den Willen der Bürger gewinnen zu können. Der Gemeinderat demonstriert, dass er sich nicht einmal auf ein strukturiertes Vorgehen einigen kann. Fair wäre es, die Bürger mit einer klar formulierten Fragestellung in einem einfach gehaltenen Bürgerentscheid abstimmen zu lassen. Die Entscheidung sollte ein für allemal an der Urne fallen - nicht am Briefkasten.

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