Hochhäuser:Haar ist kein Dorf mehr

Münchener Straße in Haar, 2010

Vom bestehenden Hochhaus am Jagdfeld könnte man in Zukunft auf weitere Hochhäuser blicken.

(Foto: Angelika Bardehle)

Der Architekten-Entwurf für die Südseite der B 304 in Haar ist mutig und weist in die richtige Richtung.

Kommentar von Bernhard Lohr

Wer nur ein bisschen herumkommt in der Welt, der kann sich wundern, wie verzagt im Landkreis München über Städtebau diskutiert wird. Es herrscht eine Haltung vor, die in der Aussage gipfelt, es möge alles bleiben wie es ist. Das grenzt in einer Region, die sich derart rasant entwickelt, an Realitätsverweigerung. Es gilt, die Herausforderung zu meistern, die Zuzug und eine Zunahme des Verkehrs mit sich bringen. Man sollte das zupackend tun und für Neues offen sein.

Wie gesagt: Es kann helfen, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Von den Niederlanden etwa kann man in Sachen Architektur viel lernen. Ein Beispiel nur: die riesige, mit Blumenmustern grafisch opulent gestaltete Markthalle in Rotterdam, wo Marktstände in einem großen Rundbau eingebettet sind, in dem Wohnungen integriert sind. In Haar dagegen wurde vor kurzem von Bürgern, die ihr Dorf bewahrt sehen wollten, noch hitzig diskutiert, ob Häuser höher als 20 Meter sein dürfen.

Klar: Rotterdam ist nicht Haar. Aber Haar ist auch kein Dorf mehr und der Landkreis nimmt für sich in Anspruch, auf der Höhe der Zeit zu sein. Den phasenweise gespenstisch anmutenden Streit über Hochhäuser beendete ein Bürgerentscheid, bei dem die Kritiker scheiterten.

Nun hat Bürgermeisterin Gabriele Müller mit Architekt Gert F. Goergens einen Rahmenplan für eine Bebauung an der B 304 vorgelegt. Es ist gemessen an der Zurückhaltung, in der in der Region über Architektur diskutiert wird, ein mutiger Entwurf. Er weist in die richtige Richtung. Verdichten im Innenraum, auch mit Wohntürmen; dazu ein Einkaufszentrum in Wohnortnähe.

So können im Gegenzug die Dörfer erhalten bleiben. Wenn Architekten dann noch Mut bei ihren Entwürfen zeigen, können Orte wie Haar nur gewinnen. Es war ja sogar schon mal die Rede, ein Hundertwasserhaus an die Münchner Straße zu stellen. Das war damals freilich viel zu visionär.

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