Kita-Platz-Vergabe:Gerechtigkeit braucht Regeln

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Eine Warteliste soll sicherstellen, dass Kindergartenplätze nach objektiven Kriterien vergeben werden - ungeachtet des Einzelfalls.

Von Anna Reuß, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Eine Warteliste soll gleiches Recht für alle schaffen, deswegen gibt es zum Beispiel strenge Regeln bei der Zuteilung von Spenderorganen. Ganz oben auf der Liste steht derjenige, der aus medizinischer Sicht das Organ am dringendsten braucht, unabhängig von der Person. Denn wer sollte entscheiden dürfen, wem das Recht zu leben gebührt, wenn er die Wahl hat zwischen einem Familienvater oder einer jungen Frau?

Wird die Warteliste umgangen, ist sie überflüssig. Dasselbe gilt für die Vergabe von Betreuungsplätzen für Kinder: Die Entscheider in den Verwaltungen dürfen sich nicht von den Schicksalen einzelner Familien beeinflussen lassen. Das sät Zwietracht und Missgunst unter denen, die sich ohnehin in einer angespannten Situation befinden. Seit 2013 hat jedes Kind Anspruch auf einen Krippen- oder Kindergartenplatz. Das ist gut so, damit die Eltern gleichermaßen die Chance haben, ihrem Beruf nachzugehen. Betreuung fördert die Gleichberechtigung und sichert das Einkommen von Vater und Mutter.

Mitgefühl hat bei der Vergabe nichts zu suchen

Wenn Eltern jedoch von ihrem Recht nicht Gebrauch machen können, weil eine Gemeinde nicht genügend Plätze hat, ist es zunächst verständlich, wenn sie ihrem Ärger darüber im Rathaus Luft machen und eine Lösung von den Verantwortlichen fordern. Doch wer wegen "sozialer Gründe" die Reihenfolge auf der Warteliste vernachlässigt und sich dazu hinreißen lässt, die Umstände des einen dramatischer zu bewerten als die des anderen, lässt all jene Eltern auflaufen, die ihren Unmut weniger laut kundtun und sich auf die Warteliste verlassen.

Mitgefühl für den Einzelnen hat bei der Vergabe nichts zu suchen - weder beim Hochschulzugang noch bei der Zuteilung von Spenderorganen oder Betreuungsplätzen. Das ist nicht unbarmherzig, sondern die konsequente Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes. Geht es um die Verteilung knapper Ressourcen, müssen sich Bürger auf den korrekten Umgang mit den Vergabekriterien verlassen können. Das unterscheidet die Demokratie von anderen Staatsformen.

© SZ vom 04.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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