Kommentar:Falsches Bekenntnis

Ottobrunn, Taufkirchen, IABG, Airbus-Gelände an der Willy-Messerschmitt-Straße

Das Airbus-Gelände in Taufkirchen liegt an der Willy-Messerschmitt-Straße - auch in Zukunft.

(Foto: Angelika Bardehle)

Der Taufkirchner Gemeinderat kuscht vor Airbus. Doch auch ein demokratisch gewähltes Gremium auf der untersten politischen Ebene muss Geschichtsbewusstsein beweisen.

Von Iris Hilberth

Auch wenn die Rolle von Willy Messerschmitt in der NS-Zeit nicht abschließend geklärt ist und Wissenschaftler immer noch darüber streiten, ob der Flugzeugbauer Mitläufer oder Täter war: Der Taufkirchner Gemeinderat hätte ein klares Signal setzen müssen im verantwortlichen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte. Die Mehrheit hat sich weggeduckt.

Zu groß ist offenbar die Angst gewesen, dass man das zarte Pflänzchen der Kontaktpflege und den Aufbau intensiver und guter Beziehungen zum internationalen Unternehmen Airbus gefährden könnte. Mit der Änderung der Postleitzahlen in dem östlichen Gemeindegebiet hatte Bürgermeister Ullrich Sander erreicht, dass der Konzern künftig unter einer Taufkirchner Adresse firmieren muss. Ihn jetzt zu zwingen, vom alten Straßennamen Abschied zu nehmen, dafür reichte die Courage nicht. Denn kaum fordert Airbus ein "klares Bekenntnis der Gemeinde zu uns" und knüpft daran als Beweis eine Entscheidung eines demokratisch gewählten Gremiums, kuschen die Volksvertreter. Es wird erwartet, dass man Messerschmitt weiterhin als Namenspatron einer Taufkirchner Straße befürwortet, obwohl Historiker inzwischen belegt haben, dass er den Einsatz von Zwangsarbeitern in seiner Firma befürwortet haben soll.

SPD-Gemeinderat Matteo Dolce hat recht, wenn er sagt: Wenn nur die Hälfte von dem, was der Gemeinderat durch diese Quellen erfahren habe, stimmen würde, wäre Messerschmitt damit für eine solche Ehrung nicht haltbar. Und genau darum geht es hier. Die Pionierleistung für die Luftfahrt kann nicht allein Gradmesser dafür sein, ob man nach jemandem eine Straße benennt. Auch ein Gremium auf der untersten politischen Ebene muss sein Geschichtsbewusstsein beweisen. Da nutzt der Satz im Beschluss nichts, man distanziere sich von etwaigen Handlungen und Äußerungen Messerschmitts. Ein Straßenname taugt nicht als Anlass zur Diskussion über die menschenverachtende NS-Zeit, auch wenn die Taufkirchner ihre Entscheidung so begründen wollen. Vielerorts hat man das schon begriffen.

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