Kommentar:Erst informieren, dann protestieren

Kritik an politischen Entscheidungen: schön und gut. Doch dazu sollten sich Bürger rechtzeitig informieren und Fakten akzeptieren

Von Bernhard Lohr

Wenn Bürger zum Protest gegen einen Schulbau aufrufen, ist das zunächst einmal legitim. Jeder darf oder soll sogar konstruktive Kritik üben. So etwas ist notwendig in einem offenen Gemeinwesen. Viel zu wenige nutzen die Möglichkeit, am Ende einer Gemeinderatssitzung oder auf einer Bürgerversammlung das Wort zu ergreifen. Viel zu selten werden dort Anträge gestellt. All das gehört zu einer lebendigen Demokratie. Doch wenn jemand Unterschriften gegen ein Projekt sammelt, über das seit Jahren öffentlich diskutiert wird und das kurz vor dem Abschluss steht, dann wirft das Fragen auf.

Es ist ja wirklich nicht so, dass eine Schule hopplahopp einfach so in die Landschaft gesetzt wird. Erst einmal wird ein Bedarf ermittelt, dann bekundet jemand den Willen, eine Schule zu bauen. Und dann geht es mit Gutachten weiter. Es werden Bebauungspläne aufgestellt und nebenbei politische Scharmützel im Gemeinderat ausgefochten. Bis so ein Großprojekt umgesetzt wird, vergehen Jahre der Meinungsbildung. Auch bei der jetzt in die entscheidende Planungs- und Beschlussphase kommende Erweiterung der Grundschule im Jagdfeld war es so.

Und jetzt kommen die Kritiker und treten auf, als hätten sie ganz neue Erkenntnisse. Sie wollen über Alternativstandorte diskutieren, die längst Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen waren. Und sie stellen Fakten einfach mal so infrage. Auch wenn die Bürgermeisterin mehrmals beteuert, dass für Schüler ausreichend Freiflächen vorhanden sein werden, lässt sie das kalt. Nach dem Motto: Glaube ich nicht.

Das kann nicht sein. Zur Streitkultur in einer Gemeinde gehört es nicht nur, dass sich Bürger hinstellen und ihre Meinung sagen. Sie haben auch eine Verantwortung. Genauso wichtig ist es, dass sie sich informieren und zeitig Kritik vorbringen. Wenn sie erst jetzt mitgekriegt haben, was in ihrer Gemeinde passiert, dann müssen sie zumindest die Fakten und die Argumente der Gegenseite anerkennen. Die Bereitschaft dazu ist nicht groß. Zu einer Demokratie gehört auch Vertrauen: Das heißt, den anderen guten Willen zu unterstellen und Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren.

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