Kommentar:Eine Ehrung will verdient sein

Dass nach dem Bürgermeister der Nazi-Zeit noch immer eine Straße in Putzbrunn benannt ist, darf nicht sein

Von Wolfgang Krause

Auch mehr als 70 Jahre nach Kriegsende würden viele das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte am liebsten verdrängen. Deshalb kann man es nur begrüßen, wenn sich die Putzbrunner Gemeinderäte jetzt dazu durchgerungen haben, eine akademische Arbeit über die NS-Zeit und die Entnazifizierung im Ort auszuloben. In der Chronik findet sich über dieses heikle Thema nur wenig, und noch ist es nicht zu spät, wenigstens mit einigen Zeitzeugen zu sprechen. Dass dabei auch die Rolle des damaligen Bürgermeisters Michael Haslbeck näher beleuchtet wird, versteht sich. Vom Grad seiner persönlichen Schuld die Entscheidung über die Umbenennung der Michael-Haslbeck-Straße abhängig zu machen, ist allerdings Unsinn und zeugt von einem grundsätzlichen Missverständnis.

Michael Haslbeck war ausweislich der kürzlich von der Gemeinde angebrachten Zusatztafeln an den Straßenschildern von 1935 bis 1945 Bürgermeister von Putzbrunn. Er wurde von den Nazis eingesetzt und war NSDAP-Mitglied. Nach dem Krieg spielte er keine herausragende Rolle mehr in der Gemeinde. Mit anderen Worten: Die Straße ist nicht nach Haslbeck benannt, obwohl er in die NS-Diktatur verstrickt war, sondern weil er es war. Das darf selbst dann nicht sein, wenn Haslbeck sich persönlich keiner Verbrechen schuldig gemacht hat und nur Mitläufer war.

Die Grünen, die die Auslobung der historischen Arbeit beantragt haben, sprechen davon, dass "Vorverurteilungen" zu vermeiden seien. Das ist schon deshalb ein falscher Begriff, weil es eben nicht um eine wie auch immer geartete Verurteilung geht, bei der die Unschuldsvermutung gilt. Es geht um eine Ehrung, die verdient sein will. Die Benennung einer Straße ist mit die höchste Auszeichnung, die eine Kommune vergeben kann. Im Fall des Michael Haslbeck bedeutet das: Es reicht nicht, wenn er kein ganz schlechter Mensch war. Er müsste schon bislang unbekannte Großtaten geleistet haben, damit der Straßenname bleiben kann.

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