Kirchheimer Gymnasium:Noch Luft nach unten

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88 Millionen Euro soll die neue Schule kosten - so viel wie keine andere Schule im Landkreis. Auf den Schock folgen Beschwichtigungen: Politiker und Fachleute listen Möglichkeiten für Einsparungen auf.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Bei dieser Zahl mussten einige schlucken: 88 Millionen Euro soll das neue Gymnasium in Kirchheim kosten. Damit wäre es die bisher teuerste Schule im Landkreis. Wie kommt dieser Preis zustande? Entsteht hier eine Schule voller goldener Wasserhähne mit Marmorböden? Der Kirchheimer Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) meint nein. Es werde nicht luxuriös geplant - alle Kosten seien nachvollziehbar und müssten in einer realistischen Schätzung berücksichtigt werden.

Elf Millionen Euro sind als Risikopuffer eingeplant

Auch Volker Heid, der Architekt, der das Ottobrunner Gymnasium plante, sagt: "So überzogen ist das Ganze nicht." In die Höhe treibt die Kosten aus seiner Sicht vor allem der Risikopuffer von etwas mehr als elf Millionen Euro. So große Aufschläge kennt der Architekt, der sein Büro in Fürth hat, in seiner Heimat nicht. "Das gibt es in Nordbayern gar nicht. Es muss eben so lange gerechnet werden, bis die Zahlen klar sind." Dass die Dinge in München anders laufen, lernte er beim Bau des Ottobrunner Gymnasiums. Hier musste er auch einen Risikoaufschlag einplanen - allerdings nur in Höhe von 450 000 Euro. Gebraucht hat er ihn am Ende nicht.

Doch laut der Firma EDR, die die Kosten für das Kirchheimer Gymnasium berechnete, stecken in dem Entwurf tatsächlich einige Faktoren, die das Projekt am Ende teurer machen könnten. Beim Glasoberlicht, das das Foyer erhellen soll, beim Tragwerk und auch beim Brandschutz sei das Potenzial für Kostensteigerungen groß. Auch beim Schallschutz seien die Anforderungen hoch: Geplant ist ein Atrium, das sich über alle fünf Stockwerke zieht. Und Projektarbeit soll nicht nur in den Klassenzimmern, sondern auch etwa auf den Balkonen möglich sein. Das heißt: Es könnte laut werden - wenn nicht mit den richtigen Bodenbelägen und Dämmungen gearbeitet werde. Und so kommen Stück für Stück elf Millionen Euro zusammen.

"Aber dadurch", sagt Architekt Heid, "erscheint das Projekt erst einmal wahnsinnig teuer." Die Gefahr: Am Ende werden die Bedenken zu groß und niemand will diese Schule mehr. Auch in Ottobrunn sei von einer Kostenexplosion geredet worden, sagt Heid. Dabei kostete das Gymnasium nicht einmal halb so viel. Weniger als 40 Millionen Euro waren es - für die Sanierung des Altbaus und den größeren Neubau samt Lernlandschaften.

Die Kosten am Bau stiegen im vergangenen Jahr um zwei bis drei Prozent

Die neue Dreifachturnhalle befindet sich derzeit noch im Bau. Das Ottobrunner Gymnasium ist wie auch das Kirchheimer auf eine Größe von maximal 1200 Schülern ausgelegt.

Beachten müsse man zudem, sagt Heid, dass die Kosten am Bau im Allgemeinen insgesamt gestiegen seien - um zwei bis drei Prozent im vergangenen Jahr.

Nicht miteingerechnet ist bislang das Grundstück in Kirchheim. Bis jetzt gehört der Gemeinde nur ein Drittel der Fläche. Im Zuge der Ortsentwicklung sollen laut Böltl Grundstücke erworben werden, sodass am Ende die Gemeinde das benötigte Areal besitzt und dem Zweckverband zur Nutzung überlässt. Ob das klappt, ist ungewiss. Ob das Gymnasium überhaupt dorthin kommt, wo es geplant ist, in den Ortspark, der entstehen soll, ist auch noch nicht gesagt. Böltl stellt klar, dass die Lage mit den Ortsentwicklungsplänen "Kirchheim 2030" verbunden ist. Über die stimmen die Kirchheimer im Herbst erst ab. Fällt der Entscheid negativ aus, muss für das Gymnasium ein neuer Standort gefunden werden. Zum Beispiel könnte die Schule auf das Grundstück an der Erdinger Straße kommen, das die Gemeinde gekauft hat - nur ist das ziemlich weit von der S-Bahn entfernt, zu Fuß fast eine Dreiviertelstunde.

Mit Einsparmöglichkeiten könnte der Gesamtpreis bei 75 Millionen Euro liegen

Ein paar gute Neuigkeiten gibt es allerdings auch. Das Ingenieurbüro EDR sieht Einsparmöglichkeiten: Stahl- statt Glasgeländer, keine Lärchenholzböden, sondern Kautschuk und Linoleum, weniger Glas in der Fassade, schlichtere Balkone. Und auch bei der Ausstattung kann noch der Rotstift angesetzt werden. Die ist momentan mit fast acht Millionen Euro angesetzt. Unklar sei, sagt Böltl, wie viel von der alten Ausstattung mit in die neue Schule genommen werden könne. Der Betrag kommt auch Architekt Heid viel vor. Für das Ottobrunner Gymnasium seien höchstens drei Millionen Euro für Ausstattung benötigt worden. Wie viel gespart werden kann, ist noch nicht klar. Mit großer Disziplin könne man beim Gesamtpreis auf 75 Millionen Euro kommen, sagt Böltl.

Gymnasium Kirchheim
:Außen Schulhaus, innen Lernlandschaft

Der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs für das neue Kirchheimer Gymnasium fällt vor allem durch das großzügige Foyer und offene Räume auf. Drei weitere Vorschläge sind noch mit im Rennen.

Von Christina Hertel

Entscheiden müssen letztendlich die Gemeinderäte in Kirchheim, Aschheim und Feldkirchen, ob sie das Gymnasium haben wollen - zusammen mit dem Landkreis müssen die drei Gemeinden es finanzieren. Diskutiert wird darüber erneut bei der Zweckverbandssitzung an diesem Dienstag. Doch so viel lässt sich schon sagen: Die Stimmung ist nicht bei allen Gemeinderäten gut. Carola Lampersberger von der Aschheimer SPD sagt, ihre Fraktion werde dem Neubau so nicht zustimmen. Vor allem stört sie die Informationspolitik des Zweckverbandsvorsitzenden Böltl. Die Zahlen seien nicht verständlich aufgeschlüsselt: "Was kostet die Mensa? Was die Fachräume? Ich muss doch verstehen, wie 88 Millionen Euro zusammenkommen."

Feldkirchens Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) spricht vom "Worst case", sollte das Gymnasium tatsächlich so teuer werden. Auch der Aschheimer Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) hofft auf Einsparungen. Denn Tatsache ist, dass die drei Gemeinden in nächster Zeit noch ein zweites Gymnasium planen und finanzieren müssen - höchstwahrscheinlich in Aschheim. Das soll noch einmal etwa 60 Millionen Euro kosten.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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