Kirchheim:Vorbild mit Schönheitsfehlern

Kirchheim: Christoph Leicher fordert konkrete Unterstützung für die Unternehmer.

Christoph Leicher fordert konkrete Unterstützung für die Unternehmer.

(Foto: Claus Schunk)

Eine Umfrage zeigt: Der Landkreis hat als Wirtschaftsstandort auch Nachteile

Von Christina Hertel, Kirchheim

Wie beurteilen die Unternehmen den Landkreis München als Wirtschaftsstandort? Wollen sie wachsen oder wegziehen? Was könnte besser laufen? Das wollte die Industrie- und Handelskammer (IHK) wissen und startete eine Befragung. Das Ergebnis: Eigentlich sind alle recht zufrieden, fast niemand bereut, sich mit seiner Firma hier angesiedelt zu haben. Insgesamt bekommt der Landkreis dafür die Note 1,8 und landet damit oberbayernweit auf Platz zwei - nur die Stadt München schneidet besser ab. Alles bestens also?

Wenn man sich die Umfrage genauer ansieht, stellt man fest: Optimal geht es im Landkreis München nicht zu. In vielen Bereichen sind die Unternehmen sogar ziemlich unzufrieden - etwa mit dem öffentlichen Nahverkehr, der Verfügbarkeit von Auszubildenden und Fachkräften, den Personalkosten und Grundstückspreisen. Bei letzterem fällt der Landkreis sogar fast durch und bekommt eine 3,7.

An 2000 von 23 000 Unternehmen im Landkreis verschickte die IHK ihren Fragebogen. Etwa 200 meldeten sich zurück. Die Ergebnisse präsentierte Christoph Leicher, der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses München Landkreis, in seinem Unternehmen in Kirchheim. Er stellte gleich zu Beginn fest: Nur jammern hilft nicht. Wenn den Unternehmern etwas nicht passt, müssten sie auch selbst aktiv werden. Wenn ihnen etwa Personal fehle, könnten sie zum Beispiel Wohnungen bauen. Oder an ihrem Image als attraktiver Arbeitgeber feilen. Denn als großes Manko beurteilen viele Unternehmen die unzureichende Verfügbarkeit von Personal, Auszubildenden und Fachkräften. Beim Arbeitsmarkt bekommt der Landkreis eine 2,7 - gerade mal befriedigend also und weit weg von gut.

Noch schlechter sieht es bei dem Angebot an Wohnraum aus (3,5) oder den Mieten für Büros und Gewerbe (3,3). Auch die Personalkosten beurteilen die befragten Firmen als zu hoch und vergeben ebenfalls bloß eine Drei plus. Die Gründe dafür, sagt Leicher, seien natürlich die teuren Mieten, die weiten Wege zur Arbeit und die Schwierigkeiten, eine Kinderbetreuung zu finden. Denn wer all das bezahlen muss, verlangt eben mehr Gehalt.

Trotz dieser Mankos steht der Kurs weiter auf Wachstum: Fast ein Drittel der befragten Unternehmen hat in den vergangenen drei Jahren seinen Standort erweitert. Und ein Viertel plant das für die kommenden drei Jahre. Doch das Wachstum könnte wohl noch größer sein, wenn Personal- oder Grundstücksmangel das nicht behindern würden. 22 Prozent gaben an, dass es aufgrund der Standortfaktoren zu einer Verzögerung des Wachstums gekommen sei. Vor zwei Jahren sagten das nur 17 Prozent. Trotz alledem bereut fast niemand, den Standort gewählt zu haben. 90 Prozent würden sich wieder für den Landkreis München entscheiden.

Wie die Situation verbessert werden könnte, ist für Leicher klar: Es müsste einfach von allem ein bisschen mehr geben. Mehr Fachkräfte, mehr Wohnraum, mehr Gewerbeflächen. Und besseren öffentlichen Nahverkehr - etwa eine Ringbahn im Norden. Erstaunlicherweise sind die Unternehmen mit einer Sache relativ zufrieden: nämlich mit der Anbindung an das Fern- und das regionale Straßennetz. Beide Standortfaktoren bekommen immerhin - trotz Staus und Baustellen - eine Zwei plus.

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