Kirchheim:Note 3,4 für den Kirchheimer Ortskern

Bonusmarkt, Ladensterben

Der Bonus-Markt wird geschätzt: Die Gemeinde will sich stärker für die Händler im Ortszentrum einsetzen.

(Foto: Florian Peljak)

Die Händler um den Pfarrer-Caspar-Mayr-Platz bewerten den Standort in einer Umfrage als mäßig attraktiv. Die Gemeinde fragt nun einen Experten um Rat

Von Christina Jackson, Kirchheim

Mit pathetischen Worten beendete Kirchheims Bürgermeister die Diskussion um ein Gutachten zum örtlichen Einzelhandel. Dabei stand das Thema zunächst nicht im Verdacht, emotionsbeladen zu sein. Es ging um die Situation der Händler im Kirchheimer Ortskern, den Rathauschef Maximilian Böltl (CSU) als identitätsstiftenden Mittelpunkt der Gemeinde verstanden wissen will. "Da gehören Emotionen rein", sagte Böltl. "Wer die Geschichte dieses Ortskerns nicht schätzt, der ist in diesem Gremium falsch." Mit dem Gefühlsausbruch bezog sich der Bürgermeister auf eine Äußerung des SPD-Rats Stephan Keck. Er hatte kritisiert, dass die Auswirkungen eines möglichen Rathaus-Umzugs in einer ersten Händler-Befragung thematisiert wurden. Zuvor war im Gemeinderat ein Streit darüber entbrannt, ob sich eine Expertise zu Einzelhandel und Gastronomie im alten Ortskern überhaupt lohnt.

Der Hintergrund: Der örtliche Wirtschaftsbeirat hatte dem Gremium im Januar eine Analyse zur Situation der Händler im Kirchheimer Ortskern vorgelegt. Die Gemeinde nahm darauf Kontakt zu den Geschäftsleuten auf. Im März bekamen die Firmen einen Fragebogen, den 16 Händler rund um den Pfarrer-Caspar-Mayr-Platz beantworteten. Das Ergebnis: Im Schulnotensystem beurteilten sie den Standort mit der Note 3,4. Böltl: "In den Fragebögen äußerten sie außerdem den Wunsch nach einer Verbesserung der Parksituation sowie der Unterstützung durch Werbemaßnahmen". Die Verwaltung habe daraufhin bereits an einem Slogan gearbeitet, der diesen Forderungen entsprechen soll. "Kauft vor Ort, sonst sind sie fort", zitierte der Bürgermeister den Entwurf. Daneben gebe es Planungen zur Verschönerung des Ortskerns durch eine großflächige Begrünung.

Eine umfassende Analyse mit Handlungsempfehlungen und Zukunftsszenarien soll nun der Wirtschaftsgeograf Ralf Popien vorlegen. Auf diese Vorgehensweise einigten sich die Gemeinderäte nach einer heftigen Diskussion. Popien hatte bereits im Jahr 1998 ein Gutachten mit dem Titel "Das Räter-Einkaufszentrum in Heimstetten - Schwächen und Strategien zur Attraktivitätssteigerung" verfasst. Hausverwalter und Eigentümer Fritz Humplmayr hatte es damals in Auftrag gegeben. Ein Aspekt, der Grünen-Politikerin Susanne Merten-Wente am aktuellen Vorhaben zweifeln lässt: "Das war ein Privatauftrag. Humplmayr hatte die Möglichkeit, bei der Platzierung und Auswahl seiner Mieter im Räter-Einkaufzentrum gezielt zu steuern." Sie bemängelte die Tatsache, dass es keine Auswahlmöglichkeit der zur Verfügung stehenden Gutachter gebe und die Kosten durch fakultative Leistungen weiter steigen könnten.

Laut Voranschlag belaufen sich die Ausgaben für die Expertise auf 18 000 Euro. Die Verwaltung legte dem Gemeinderat lediglich das Angebot Popiens vor. Es umfasst auch Passantenbefragungen, Interviews mit Geschäftsinhabern, Betriebskartierungen und Expertengespräche. Abschließend erhält die Gemeinde ein Stärken- und Schwächenprofil der Zentrenstruktur Kirchheims sowie Handlungsempfehlungen.

SPD-Gemeinderat Marcel Prohaska zeigte sich nach Böltls Sachvortrag "wenig euphorisch". Er wies darauf hin, dass sich das Räter-Einkaufszentrum nicht mit dem Ortskern Kirchheims vergleichen lasse. "Ohne die Post wären wir an dieser Stelle verloren und uns fehlen die Realisierungsmöglichkeiten, die Herr Humplmayr hatte." Böltl erwiderte, es gebe die Möglichkeit, bei der Parkplatzgestaltung Einfluss zu nehmen. Außerdem verfüge Popien über zahlreiche Referenzen, die seine Arbeit auszeichnen. Auch Marcel Proffert von der Wählervereinigung Lebenswertes Kirchheim meldete Bedenken an. Er schlug vor, die Studie als Projekt an Universitäten durchführen zu lassen, um Kosten zu sparen.

Letztlich teilte die Gemeinderatsmehrheit die Meinung, die Marianne Hausladen (CSU) so formulierte: "Popien kennt die Gemeinde besser als fremde Gutachter und wir sind es unseren Geschäftsleuten schuldig, dass wir sie unterstützen." Bei acht Gegenstimmen votierte das Gremium für die Expertise.

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