Kirchheim:Lange Liste, wenig Geld

Kirchheim, Alter Volksfestplatz, Bürgerbefragung wegen Neubau Rathaus und Bürgersaal

Ideen durften die Bürger schon im Frühling einbringen. Architektin Petra Schober (links) und Angela Hartinger-Hirn vom Bauamt sammelten diese.

(Foto: Bardehle)

Die Kirchheimer wundern sich, wie die Gemeinde ein Gymnasium mit Turnhalle, das Rathaus mit Bürgersaal und Bücherei, mehrere Kitas, Wohnungen und den großen Ortspark finanzieren will.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Die Gemeinde Kirchheim hat viel vor in den nächsten Jahren: Ein Gymnasium mit Turnhalle, ein Rathaus mit Bürgersaal und Bücherei, mehrere Kindertagesstätten, etwa 150 000 Quadratmeter Wohnfläche und ein 100 000 Quadratmeter großer Ortspark sollen errichtet werden. Stück für Stück bis 2030. Im kommenden Jahr sollen die Bürger über all das abstimmen. Einen kleinen Vorgeschmack, was die Kirchheimer von den Plänen und Ideen halten, gab es am Donnerstagabend bei der Bürgerversammlung.

"Wir sind so froh, dass überhaupt endlich mal gebaut werden soll", sagt Marika Tinneberg. Sie kommt ursprünglich aus Sachsen-Anhalt, nach der Wende zog ihre Tochter nach Bayern. Doch Tinneberg und ihr Mann hielten es alleine nicht aus und kamen mit. Seit fast 20 Jahren lebt sie inzwischen in Kirchheim. Und ist wieder von der Tochter getrennt. Die ist in die Stadt gezogen, nur die Enkelin lebt noch hier, aber die Wohnung wird langsam zu klein. "Die ganzen jungen Leute gehen weg, weil sie sich hier in Kirchheim nichts aufbauen können." Marco Wittenberg kennt dieses Problem. Er ist junger Familienvater, bräuchte mehr Platz, denkt sogar daran "Eigentum zu erwerben", wie er sagt. Nur was? "Es gibt hier überhaupt kein Angebot." Und wenn es etwas gibt, ist es gleich so teuer, dass sich die Preise geradezu unverschämt anhören.

Bei Mieten und Baulandpreisen ist die Gemeinde Spitzenreiter im Landkreis

Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) hat Zahlen mitgebracht: Fast eine Million Euro kostet in Kirchheim ein Zweifamilienhaus, für 700 000 Euro bekommt man ein Reihenmittelhaus und die Miete bei Neubauten liegt bei 15,50 Euro pro Quadratmeter, Rekord im Landkreis. Um dem entgegenzuwirken, entwickelt die Gemeinde gerade Bauland- und Mietmodelle für Ortsansässige. Außerdem sollen jetzt mehr Wohnungen und weniger Einfamilienhäuser errichtet werden, als in den ursprünglichen Plänen vorgesehen war. Damals sollten 60 Prozent Ein- und 40 Prozent Mehrfamilienwohnungen gebaut werden. Das war durch eine Bürgerbefragung herausgekommen. Nun jedoch liegt das Verhältnis bei 50 zu 50. Zufrieden sind damit nicht alle. "Was ist das für eine Bürgerbeteiligung, wenn am Ende genau das Gegenteil passiert?", fragte ein Bürger. Er stellte den Antrag, dass die Planung noch einmal überarbeitet wird. Angenommen wurde dieser jedoch nicht.

Ein anderer Bürger fragte, wie die Gemeinde diese ganzen Vorhaben überhaupt finanzieren wolle. Tatsächlich sind die Investitionen, die in Kirchheim geplant sind, enorm: 7,3 Millionen Euro für das "Haus der Kinder", 1,4 Millionen Euro für den Kindergarten St. Franziskus, zwölf Millionen Euro für sie Sanierung der Grund- und Mittelschule, 26 Millionen Euro für den Neubaus des Gymnasiums, 20 Millionen Euro für das neue Rathaus und die Sanierung des Bürgerhauses. Macht 67 Millionen Euro bis 2020. Die Rücklagen allerdings sind in den vergangenen Jahren von 15,5 Millionen auf vier Millionen Euro geschrumpft.

Die Antwort von Bürgermeister Böltl, wie das alles zu stemmen sei, fiel spärlich aus: Die neuen Eigentümer müssten sich an den Kosten beteiligen, gerade sei man in den Verhandlung über die städtebaulichen Verträge. Die sollen dann auch veröffentlicht werden, damit sich die Bürger, bevor es zu einer Abstimmung über die Maßnahmen kommt, ein Bild machen können. Rainer Ehrenberger forderte aufgrund dieser unklaren Lage, dass die Gemeinde eine Prioritätenlisten für die nächsten vier Jahre erstellen soll. "Damit wir mal wissen, was wir davon überhaupt alles verwirklichen können." Dieser Vorschlag wurde mehrheitlich angenommen.

"Wir dürfen keine neuen Geschäfte ansiedeln."

Nicht eingeplant in die neue Ortsentwicklung ist eine Einkaufsmöglichkeit - für einen Bürger ein Problem: "Zu Fuß kann man die Supermärkte dann gar nicht mehr erreichen", klagte er. Gerade für Ältere sei es schwierig, wenn in der Nähe keine Geschäfte sind, wenn sie eigentlich immer mit dem Auto oder Bus dorthin fahren müssten. Der Grund dafür, dass ein Supermarkt fehlt, ist ein Gutachten, das die Gemeinde erstellen ließ. "Daraus geht hervor, dass wir keine neuen Geschäfte ansiedeln dürfen, weil sonst die Ortskerne ausbluten", sagte Böltl. Trotzdem gebe es eine Vorhaltefläche, auf der gegebenenfalls Geschäfte entstehen könnten.

Ein weiteres Thema: der Heimstettener See. Joachim Erven beantragte, dass die Fläche zwischen Autobahn, Bahnlinie und Heimstettener See zum Naherholungsgebiet erklärt wird und dass der Gemeinderat das auch so im Flächennutzungsplan festlegt. "Wir haben bei der Diskussion um den Schlachthof gemerkt, dass Kirchheim eine ziemlich schlechte Karte hat, wenn Aschheim etwas plant", sagte Erven. Deshalb müsse Böltl auch an die Gemeinde Aschheim mit der Bitte herantreten, die an Kirchheim angrenzenden Flächen ebenfalls als Naherholungsgebiet auszuweisen. Die Bürger nahmen diesen Antrag mehrheitlich an.

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