Kirchheim:Ein Ort mit Charakter

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Das Meilerhaus in Heimstetten dient verschiedenen Vereinen als Treffpunkt. Ursprünglich war es ein Bauernhof, später mal Feuerwehrhaus und Bauhof. Nun probt hier der Männergesangverein und Künstler stellen aus

Von Christina Hertel, Kirchheim

Hans Kaußner schläft nicht viel. "Ich bin ja ein armer Rentner", sagt er augenzwinkernd. "Wenn mein Bett kaputt geht, weil ich so viel drin liege, kann ich mir kein neues leisten." Kaußner - weiße Haare, weißer Schnauzer, Polohemd - ist lieber unterwegs. Beim Gesangsverein, beim Veteranenverein, beim Schafkopfen, beim Rentnerfrühschoppen. Mit allen trifft er sich in einem Haus an der Hauptstraße 7 in Heimstetten. "Meilerhaus" steht noch immer über der grünen Türe, nach den Bauern, denen es ursprünglich gehörte. Das Gebäude hat viele Menschen ein- und ausgehen sehen. Es hat sich im Laufe der Zeit verändert. Es war Bauernhof, Rathaus, Feuerwehrhaus, Bauhof. Alte Teile wurden abgerissen, neue aufgebaut. Der Charakter des Hauses blieb aber immer erhalten. Grüne Tore, grüne Fensterläden, weiße Vorhänge, rote Ziegel - im Grunde sieht es immer noch aus wie ein altes Bauernhaus. Auch wenn Schweine und Kühe darin schon lange nicht mehr zu Hause sind.

In den 1950er Jahren erwarb die Gemeinde Heimstetten, damals war sie noch eigenständig, das Haus. Den Stall und die Scheune rissen sie ab, nur das Wohnhaus blieb erhalten. Auf die Fläche bauten sie ein Gebäude, das viele Funktionen erfüllen musste. Unten Feuerwehrgerätehaus und Lager für Maschinen der örtlichen Bauern, oben Rathaus. "Es gab damals ja nur sieben oder acht Gemeinderäte. Da hat das schon gereicht", sagt Kaußner. Er arbeitete von 1969 an als Leiter des Bauhofs für die Gemeinde. Doch zu leiten gab es eigentlich nicht viel. "Das war ein Einmannbetrieb. Ich hab alles selber gemacht." Auch seine Geräte waren hinter einem der grünen Tore untergebracht.

An der Hauptstraße 7 hinter den grünen Fensterläden tobt das Vereinsleben der Gemeinde Heimstetten. (Foto: Claus Schunk)

Als Heimstetten durch die Gebietsreform Teil von Kirchheim wurde, änderte sich die Funktion des Gebäudes wieder: Das Rathaus wurde aufgelöst, und dafür konnte die Feuerwehr Heimstetten auch das obere Stockwerk als Aufenthaltsraum nutzen - bis die Kameraden 2000 ein neues Haus bekamen. Seitdem ist das Gebäude sozusagen ein großes Vereinsheim. Schulförderverein, Männergesangsverein, Kegelklub, Gartenbauverein, Veteranenverein, Volkshochschule. Sie alle haben dort einen Platz gefunden.

Kaußner liegt das "Meilerhaus" am Herzen. Er war immer dabei, wenn mal wieder jemand ein- oder ausgezogen ist. Erst beruflich und dann sozusagen hobbymäßig. Kaußner ist der Hausmeister im Meilerhaus und kümmert sich darum, dass alles "passt". Er putzt, repariert und räumt auf. An einem dicken Bund hängen Schlüssel zu fast allen Räumen. Im größten probt der Männergesangsverein, immer dienstags. An den Wänden hängen Bilder, die von anderen Zeiten erzählen. Die Rechnung von der ersten Weihnachtsfeier vor mehr als 50 Jahren zum Beispiel. 42 Liter Bier für 42 Mark.

Rentner Hans Kaußner kümmert sich darum, dass im Meilerhaus alles am rechten Platz ist. Dort treffen sich verschiedene Vereine aus Heimstetten. (Foto: Claus Schunk)

Hinter dem Saal ist das Notenzimmer. Rote Kladden liegen auf den Tischen. Die Noten zu Liedern wie "Rosen aus dem Süden" und "An der schönen blauen Donau" stecken darin. Hier ist Kaußner oft. Als Notenwart des Vereins muss er sich - wie der Name schon sagt - darum kümmern, dass für die Auftritte alle Unterlagen richtig beisammen sind. Das nächste Zimmer gehört dem Veteranenverein. In einem Schrank hängen bunte Fahnen, an der Wand Bilder von Soldaten, die während des Ersten und Zweiten Weltkriegs kämpften. Ob Kaußner auch da Mitglied ist? "Na freilich", sagt er. Das Haus ist für die Vereine auch ein kleines Lager. Kegelklub und Schulförderverein haben ihre Biertischgarnituren und Kühlschränke dort untergestellt.

Den vorderen Teil des Gebäudes nutzt die Volkshochschule. Gitarre- und Geige wird hier zum Beispiel unterrichtet. Außerdem finden in dem Meilerhaus immer wieder Ausstellungen von regionalen Künstlern statt. Manchmal schaut Kaußner da auch vorbei, aber sein Reich ist eher zwischen Frühschoppen und Schafkopfrunden - also genau in der anderen Hälfte.

Im Meilerhaus stellen unter anderem Künstler aus. (Foto: Claus Schunk)
© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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