Katy Perry in München:Zuckerschock im Lolliland

Ein Pin-up-Popstar als pappsüße Verführerin: Katy Perry bringt im Münchner Zenith eine Art Süßigkeiten-Musical auf die Bühne - und die Zuhörer laufen Gefahr, Bauchweh zu kriegen.

Bernhard Blöchl

Süß. Dieser Text enthält achtzehnmal das Wort süß, was nicht ansatzweise ausreicht, um das zu beschreiben, was da im Zenith los ist. Wer es lieber deftig mag, darf getrost sauer sein und bricht die Lektüre ab.

Katy Perry in concert in Portugal

Alles ist süß beim Konzert von Katy Perry im Zenith. Eigentlich schon fast zu süß. (Das Foto zeigt die Sängerin bei einem Konzert in Lissabon.

(Foto: dpa)

Denn hier ist alles süß. Süß ist die Zuckerwatte-Wölkchen-Deko, süß ist das Kätzchen in den Videofilmchen, süß sind die Kostümchen, süß sind sogar die Laser, wie sie flächendeckend und verspielt über die Menge tänzeln. Zuckerschock im Lolliland! Und mittendrin Katy Perry - die ist natürlich supersüß.

Der Pin-up-Popstar der Stunde startet im ausverkauften Zenith seine Tour durch Deutschland, um hier seine aktuelle Platinplatte Teenage Dream auf die Bühne zu bringen, besser gesagt: auf ein Zuckerwatte-Podest zu heben.

Und das sieht dann so aus: Die 26-jährige Kalifornierin kommt als rosafarbenes Bonbon die Treppen herunter, singt drei Lieder, dann drängt es sie in neues Gewand. Das Publikum, jünger als jung, guckt derweil ein Video. Ein süßes Video. Auf das buschige Röckchen folgt ein weit ausgestelltes dunkel-schimmerndes Minikleidchen, in dem Perry mit sicherer Stimme weitere harmlose Hits ihrer zwei Bestseller-Alben präsentiert.

Musical über Süßigkeiten

So geht das zwei Stunden lang. Die Songwriterin ist eine süße Verführerin. Und die Heldin vieler Mädchen, denn die finden alles an ihr "einfach süß". Ihre fünfköpfige Band zeigt sich in bester Spiellaune - das immergleiche Problem des Zenithschen Dröhnsounds sei hier mal außer Acht gelassen.

Alles funkelt, alles glitzert in dieser kargen Fabrikhalle in Freimann. Die Akustikgitarre glänzt mit Perrys Strumpfhose um die Wette, der Schmuck nimmt es mit dem Dauerstrahlen der fleißigen Tänzer auf. Die preisdekorierte, kürzlich verheiratete Perry feiert eine aufwendige, nahezu perfekte Popshow, die auch süße Cover-Nummern von Rihanna oder Whitney Houston mit einschließt und sich in Sachen Spektakel durchaus mit dem vergleichen lässt, was Lady Gaga oder Gwen Stefani an gleicher Stelle gezeigt haben. Zeitweise erwecken 14 Leute auf der Bühne den Eindruck, man befinde sich in einem Musical. In einem Musical über Süßigkeiten.

Rekordverdächtig ist der Garderobenwechsel beim Hit "Hot N Cold": In einem Lied sieben (!) Outfits vorzuführen, das muss ihr erst einmal eine nachmachen. Süße Kleidchen sind das - so süß!

Natürlich hat das Ganze einen Haken: Denn wer zu viel Zucker konsumiert, kriegt Bauchweh. Und wer immer nur süß ist, wird langweilig. Vor zwei Jahren trat die als Katheryn Elizabeth Hudson geborene Musikerin in der Tonhalle auf. Statt als Verführerin in Röcken kam sie als Rockerin. Nur einmal wechselte sie damals ihr Outfit.

Nun hat sie sich offensichtlich dafür entschieden, live den immersüßen Pin-up-Popstar zu geben, den sie auch in Videos und Fotos darstellt. Das ist zwar konsequent, aber auch gefährlich, denn so verblassen die schönen Momente ihrer Bühnenkunst. Immer dann, wenn die Selfmade-Musikerin zur Gitarre greift, wenn der Sound reduziert wird, und Katy Perry mit entzückenden Songs wie "Thinking Of You" schmeichelt, immer dann strahlt sie aus, dass sie nicht nur eine Projektionsfläche für Mädchenträume, sondern schlicht eine gute Musikerin ist. Das vergisst man leicht im Zuckerschock.

PS: Süß sollte man wirklich nicht so oft schreiben.

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