Jubiläum:Garching in Festlaune

Bei der Jubiläumsfeier am Samstag erleben 500 Gäste einen glanzvollen Parforceritt durch 1100 Jahre Stadtgeschichte. Nach dem Festakt feiern mehr als 1000 Bürger am Rathausplatz

Von Gudrun Passarge, Garching

Mit einem Knall und einem bunt illuminierten Würfel in der Nacht setzt die Freiwillige Feuerwehr Garching den Schlusspunkt. Der Würfel steht für den Punkt in Garchings neuem Logo, der nur noch lautet "Universitätsstadt Garching". Ohne den Zusatz "bei München". Er steht für die Unabhängigkeit der 17 000-Einwohner- Kommune, die mit großem Aufwand einen glanzvollen Festakt zur 1100-Jahrfeier gestaltet hat. Acht Redner bestritten den Abend äußerst kurzweilig. Und falls die Garchinger es noch nicht gewusst haben sollten, nach diesem Abend steht fest: Garching ist eine "Universitätsstadt von Weltruf", wie der Leiter der Staatskanzlei, Marcel Huber, sagte. Oder mit den Worten des Präsidenten der TU München, Wolfgang A. Herrmann: "Garching wird in einem Atemzug genannt mit Stanford und Berkeley."

1100 Jahre, da lassen sich die Garchinger nicht lumpen. Sie feiern gleich ein ganzes Jahr lang. Dass es noch weitere Festanlässe wie 25 Jahre Stadtrechte und 20 Jahre U-Bahn-Anschluss gibt, geht fast ganz unter. Landrat Christoph Göbel überlegte gar bei Durchsicht des Festprogramms, "ob das Jahr in Garching auch nur 365 Tage hat". Es hat - und sie sind reich bestückt mit Theater- und Musikprojekten, mit wissenschaftlichen Vorträgen, mit der Suche nach den geschichtlichen Wurzeln und vielen fröhlichen Feiern. "Das Programm ist getragen von der gesamten Stadtgesellschaft. Kaum ein Garchinger, der nicht mitwirkt", stellte Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) fest. Beim Festakt am Samstagabend ging es im Bürgerhaus sehr gediegen zu. 500 geladene Gäste feierten die Stadt, die ihren Namen einem gewissen Gowirich verdankt. Der war beim Festakt gleich dreimal vertreten. Josef Euringer, Wiland Geisel und Walter Fölsner hatten ihren ersten großen Auftritt in ihrem historischen Gewand mit dem ziegelroten Umhang. Jeder hatte zudem noch einen Gehstecken dabei, den sich Fölsner mit Rehgeweihspitzen verziert hat. Die Schuhe seien ein wenig gewöhnungsbedürftig, berichtete er, so spitze Schuhe habe er zuletzt bei seiner Firmung getragen. Die Drei standen in einem Interview dem Moderator des Abends, Roland Balzer, Rede und Antwort und vermittelten dem Publikum, wie es sich um 900 nach Christus in Garching lebte. Felder? Blühende Landschaften? Eher weniger, "das war ja nur Kies, da konnten wir nur jedes fünfte Jahr etwas anbauen", sagte einer der Gowirichs. Doch trotzdem tat sich viel im Gfild, und Balzer, der sich glänzend vorbereitet hatte, gestaltete den Parforce-Ritt durch 1100 Jahre Geschichte auf sehr unterhaltsame Weise. So erfuhren die Zuschauer etwas über halbe Höfe, genannt Huben, miese Sitten, etwa als der Ungarn-Führer eingeladen und hingemetzelt wurde, das Geld im Dreißigjährigen Krieg immer mehr an Wert verlor, weil zu viel davon ausgegeben wurde, sie hörten etwas von der Pest, von mutigen Pfarrern und vielen anderen Personen, die das Leben in und um Garching mitgeprägt haben.

Einer davon ist Heinz-Gerd Hegering, der 1971 nach Garching kam und noch "veritable Misthaufen" an der Münchner Straße vorfand. Der Mathematiker war einst Leiter des Leibniz-Rechenzentrums und Garchinger Feuerwehrkommandant und sprach vor allem als Bürger mit "Migrationshintergrund": "Für Alt-Garchinger waren Akademikerfamilien Fremdkörper." Doch in nur einer Generation habe sich das Dorf in eine moderne Universitätsstadt verwandelt, in eine Stadt, "in der die ganze Welt Zuhause ist", wie Landrat Göbel feststellte. An Superlativen war wahrlich kein Mangel an diesem Abend. Marcel Huber, der in Vertretung für den in Saudi-Arabien weilenden Horst Seehofer gekommen war, begnügte sich nicht damit, die "Erfolgsgeschichte", zu beschreiben, die mit dem Atomei begonnen habe, sondern blickte auch in die Zukunft. Als Teil dieser Zukunft betrachtet er das am Campus geplante "Zentrum Digitalisierung Bayern": "Bei Ihnen kommt immer das an, worauf es ankommt. Garching ist wieder ganz vorne dabei." Ähnlich sah es auch TU-Präsident Wolfgang A. Herrmann, der Garching als sein Thema bezeichnete, "es ist Teil meines Lebenswerks" und er habe vor, noch einige Jahre zu wirken. Launig berichtete er von Gesprächen in Hinterzimmern, um auch die Industrie auf dem Campus anzusiedeln und von Tricks, die geholfen hätten, die U-Bahnanbindung zu bekommen. Er habe kurzerhand die Zahlen der Fahrgäste verdoppelt, "wir müssen mutig sein im Leben, und manchmal auch ein bisschen übertreiben."

Herrmann hatte das Publikum vor eine schwierige Aufgabe gestellt, er feierte am Samstag Geburtstag, "die 19. Primzahl, aber man sieht es mir nicht an". Es war an Sverre Bugge, dem Delegationsmitglied der norwegischen Partnerstadt Lørenskog, das Rätsel zu lösen, "nach zweiminütiger Rechenoperation", wie er sagte. Er gratulierte Herrmann zum 67. Geburtstag. Auch Geschenke gab es für die Garchinger. Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich überreichte im Namen der Nordallianz eine historische Landkarte von 1743 und Gerhard Lemm, Oberbürgermeister der Partnerstadt Radeberg hatte Betty im Gepäck. In seiner launigen Rede pries er Betty an, eine wunderschön rosa blühende Magnolie, "die trotz des weiblichen Namens vergleichsweise anspruchslos ist."

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