Garching:"Tierschutz kann nicht warten"

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Die Zebu-Herde, über die seit Jahren vor Gericht gestritten wird. (Foto: oh)

Eine Zebu-Halterin wird zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts war die Herde nicht artgerecht gehalten worden. Der Anwalt der Beklagten kündigt Berufung an.

Von Gudrun Passarge, Ismaning/Garching

Der Richter sieht das Leiden der Zwerg-Zebubullen als erwiesen an. Er erkennt Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, weil die Tiere im Winter 2015 keinen ausreichenden Unterstand hatten. Zwar billigt er der Angeklagten Christine S. zu, viel unternommen zu haben, aber das habe eben nicht gereicht. "Tierschutz kann nicht warten", betonte der Richter und verhängte am Freitag eine Strafe von 20 Tagessätzen à 35 Euro gegen die Halterin. Ihr Anwalt Andreas Schröger, der die Tatbestände als nicht erwiesen ansieht, sagte nach der Verhandlung, man werde in Berufung gehen.

Die Geschichte von Christine S. und den Zwerg-Zeburindern umfasst viele Aspekte. Diesmal ging es um den Anfang. Die Angeklagte schilderte, wie sie und ihr damaliger Lebensgefährte den Hof in Ismaning nach einem Erbstreit verloren hätten. Der Lebensgefährte durfte in einem Zimmerchen bleiben, wie sie sagte, sie und ihre Tochter hätten gehen müssen, nachdem der Hof verkauft war. Die Herde Zwerg-Zebus hatte ihr der Lebensgefährte zuvor jedoch überschrieben, als Ausgleich für das Geld und die Arbeit, die sie in den Hof hineingesteckt hätte. Auch um die Herde musste sie vor Gericht streiten.

Die Bullen standen zunächst noch eine Weile im Stall in Ismaning, die Mutterkuhherde fand Unterschlupf auf einer Weide in Garching-Hochbrück. Doch dann mussten auch die 35 Bullen plötzlich den Hof verlassen. Christine S. brachte sie auf der Goldachweide nahe dem Hof unter. "Das war als Übergangslösung gedacht und ist auch vom Landratsamt so genehmigt worden", betonte ihr Anwalt in der Verhandlung. Als Unterstand hatte sie eine 36 Quadratmeter große Blechgarage aufgestellt. Gleichzeitig habe sie sich bemüht, einen Stall für die Tiere zu finden, was ihr jedoch erst nach einem Zeitungsartikel gelungen war. Aber bevor die Tiere in den Landkreis Erding umziehen konnten, brauchte sie eine sogenannte BHV1-Bescheinigung vom Landratsamt. Dazu wird das Blut der Tiere auf einen Virus untersucht. Die Bescheinigung des Landratsamts sei am 6. März 2015 ausgestellt worden, am 9. März wurden die Bullen umgesiedelt, berichtete S.; danach standen sie zu fünft in einer Box im Stall, eng auf eng, wie sie dem Richter schilderte. "Ist das Tierschutz?"

Im Winter gab es nur einen Blechunterstand

Doch vor Gericht ging es lediglich um die Haltung der Bullen auf der Goldachweide. Johann Georg Marx, Leiter des Veterinäramts im Landkreis, hatte die Weide immer wieder besucht und berichtete, im Herbst habe es keine konkreten Beanstandungspunkte gegeben. Das änderte sich bei Wintereinbruch. Zwar habe die Halterin einen Blechunterstand aufgestellt, doch dieser sei zu klein und rasch baufällig gewesen, mit scharfen Kanten, an denen sich die Tiere hätten verletzen können. Marx erläuterte, Zebus kämen aus trockenen Regionen und sie bräuchten eine geschützte Unterlage, auf der sie abliegen könnten, um wiederzukäuen. Bei den Kontrollen hätten sie überdies den Unterstand "öfters ohne Einstreu vorgefunden". Zudem habe sich ein Teil der Weide rasch zu Morast verwandelt, auf dem die Tiere nicht hätten liegen können. Wenn sie aber nicht liegen und damit auch nicht wiederkäuen könnten, könne ein Erschöpfungszustand auftreten. Ein zweiter Vorwurf lautete, die Wasserversorgung sei nicht gewährleistet gewesen. Auf den Einwurf der Halterin, es habe sich doch ein Bach an der Weide befunden, sagte Marx, der Weg sei für die Tiere zu weit gewesen.

Christine S. bemühte sich in der Verhandlung darzulegen, dass es ihren Tieren gut gehe, "besser als uns", sagte sie in Bezug auf ihre Tochter und sich. Sie würden alles tun, damit die Zebus gut versorgt würden. Doch in der Zeit, als die Bullen auf der Goldachweide standen, habe sie noch viele andere Dinge um die Ohren gehabt. Das berücksichtigte der Richter zwar, ansonsten schloss er sich jedoch der Sichtweise des Veterinärs an, wenigstens was den Unterstand betraf. Da die Tiere sich nicht im Trockenen hinlegen konnten, hätten sie in den Wintermonaten 2015 über längere Zeit zu leiden gehabt. Die mangelhafte Wasserversorgung sah er dagegen nicht als erwiesen an. Die Rinder hätten stattdessen aus einem Entwässerungsgraben getrunken.

Prozess
:115 Zebu-Rindern bei Garching droht die Schlachtung

Die Tiere mussten wegen eines Erbstreits einen Bauernhof verlassen. Weil jetzt ein Unterstand und ausreichend Weidefläche fehlen, verbietet das Landratsamt die Haltung - und bekommt vor Gericht recht.

Von Gudrun Passarge

Christine S. kämpft derzeit an mehreren Fronten. Sie hat auch Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt, das ihr die Rinderhaltung untersagt. Verliert sie den juristischen Streit, werden die Zebus gekeult. Gewinnt sie, will sie die Herde mit den etwa 130 Tieren, die in Garching stehen, deutlich verkleinern und an ihre Tochter übergeben. Am liebsten mit einer Weide auf einem Bauernhof.

© SZ vom 21.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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