Biberschutz:Der Baumeister und sein Pate

Treffen mit Biberberater Peter Martin in Fischerhäuser an den Isarauen

Eine Teichlandschaft von ursprünglicher Schönheit haben Biber bei Garching geschaffen: Biberberater Peter Martin ist voll der Bewunderung.

(Foto: Claus Schunk)
  • In den Isarauen leben heute wieder zahlreiche Biber. Vor 40 Jahren waren die Tiere dort ausgestorben.
  • Peter Martin ist seit 14 Jahren ehrenamtlicher Biberberater im Landkreis München. Er kümmert sich um das friedliche Miteinander von Mensch und Nager.

Von Alexandra Vettori

Eine tatkräftigere Unterstützung als den Biber hätte sich Peter Martin für seinen Traum nicht wünschen können. Bevor er nämlich vor 14 Jahren ehrenamtlicher Biberberater des Landkreises wurde, hat er sich lange für die Bäche im Münchner Norden interessiert. Darauf ist der 66-Jährige über die Geologie gekommen, eine weitere Leidenschaft von Martin, der Programmierer von Beruf war, bevor er vor einigen Jahren in Rente ging.

In den Isarauen bei seiner Heimatstadt Garching kann man sie noch sehen, die tiefen Rinnen im Waldboden, in denen in früheren Zeiten das Wasser der Seitenarme der Isar floss, und von denen Martin so gerne einige wieder zum Leben erweckt sehen wollte. Denn eine weitere Leidenschaft ist die Natur, lange war er Vorsitzender beim Garchinger Bund Naturschutz. Gefürchtet war Martin damals seiner sanften Beharrlichkeit wegen, mit der er um jeden Kubikmeter Bachwasser kämpfte, der im Münchner Norden ankam, geregelt und gedrosselt von der Landeshauptstadt und dem Energiekonzern Eon.

Der Biber holt sich seinen Lebensraum zurück

"Wenn auch nur ein kleines Stück Bach wieder vernässt werden soll, ist das ein Theater und sehr kompliziert. Da sitzt der Grundbesitzer am Tisch, das Wasserwirtschaftsamt, die Naturschutzbehörde, Gemeinde, Fischer, Bund Naturschutz, irgendwo hakt es da immer. Und dann kommt der Biber, staut an, flutet ein altes Bachbett, und niemand kann was machen", sagt Martin und strahlt.

Sein Blick fällt auf eine Landschaft, wie sie seit der Wiederansiedlung des bis vor gut 40 Jahren ausgerotteten Bibers häufiger geworden ist, vor allem in den Isarauen. Dort leben die meisten Biber im Landkreis München, allein in Martins Betreuungsgebiet, dem Norden, gibt es 18 bis 20 Reviere im Auwald. Vom Weg nahe des Ismaninger Ortsteils Fischerhäuser aus verrät nur dem Eingeweihten das entfernte Plätschern des sonst träge fließenden Schörgengrabens einen nahen Biberdamm.

Dann, hinter Büschen und Bäumen versteckt, liegt eine Teichlandschaft von ursprünglicher Schönheit. Wasserlinsen treiben auf einem flachen, großen See, aus dem Birken wachsen, Libellen und Schmetterlinge flattern darüber hinweg. Dahinter erstreckt sich auf einigen Hektar schier undurchdringlicher Sumpf, mit dichten Schilf- und Röhrichtgürteln.

Geschaffen hat diese Naturidylle eine Biberfamilie, als sie vor Jahren begann, den Schörgengraben zu stauen. "Dort ist dem Biber das Wasser hinten rausgelaufen, da hat er einen zweiten Damm gemacht", sagt Martin und zeigt auf eine malerische, baumbewachsene Insel, die so entstanden ist. "Wo der Biber ungestört wirken kann, wie hier, da steigen die Artenzahlen, Pflanzen, Insekten, Vögel und Fische."

Nachwuchs bei den Bibern im Zoo Wuppertal

Ist nicht überall wohlgelitten: der Biber. In den nördlichen Isarauen gibt es bis zu 20 Reviere.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Der Biber macht nicht nur Probleme

Es ist sein großes Anliegen, dass auch die positiven Auswirkungen des Bibers in der Öffentlichkeit präsenter werden, wo meist nur die Probleme zur Kenntnis genommen werden. Die aber, versichert Martin, seien eher selten gravierend. Wo die Betroffenen, von Bauern bis Wasserkraftwerksbetreibern, mit dem Landratsamt zusammenarbeiten, wird fast immer eine Lösung gefunden, mit der alle leben können.

Meist schützt man wertvolle Bäume mit einer beißsicheren Manschette, baut Matten in Uferstreifen, damit sie der Biber nicht unterhöhlen kann, oder legt Gitter vor Drainagerohre. Diese Rohre werden manchmal in Biberdämme verlegt, damit genügend Wasser aus dem angestauten Bereich abfließt und dieser nicht zu hoch steigt. Doch der schlaue Baumeister erkennt die Lecks und verstopft sie sorgsam wieder mit Ästen. Sind die Rohre lang genug, weiß Martin, "kapiert es der Biber nicht mehr". Wo aber aus Platzgründen keine langen Rohre möglich sind, muss man den Biber mit Drahtgittern abhalten.

Nur einmal ist im Landkreis bislang eine Biberfamilie abgeschossen worden, voriges Jahr im Schleißheimer Schlosspark. Die alten Bäume hätten zwar Fraßschutzgitter vor dem Nager schützen können, doch sein Damm in einem Seitenkanal hätte schlimmstenfalls dazu geführt, dass die Tankstelle des Schloss-Fuhrparks überflutet wird.

Kann sich der Biber ausbreiten, legt er Wert auf gepflegtes Wohnen. Bis zu zehn Bauten bezieht er im Sommer, winterfest ausgebaut wird nur die Hauptburg. Dort gibt er sich Mühe, von allen Seiten schaufelt er Schlick auf den Ästehaufen und legt einen Vorratsschlitten an. Das ist eine Art Floß aus Hölzern, das er mit dem Boden verankert, damit es nicht wegschwimmt. Oben drauf, vor Nässe geschützt, legt er die Nahrungsreserve für den Winter an.

54 Reviere betreut Martin im nördlichen Landkreis, 35 davon machen keine Probleme, bei allen sucht man Lösungen. Von den Bestrebungen, den Biber aus dem Artenschutz herauszunehmen und unter das Jagdgesetz zu stellen, hält der Biberberater nichts: "Dann beginnt ein politisches Gezerre, und die stärkste Lobby setzt sich durch." Man solle lieber alles so lassen, wie es ist: Der Biber ist ein geschütztes Tier, darf sich entwickeln und nur dort, wo es Probleme gibt, greift der Mensch ein.

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