Ismaning:Gemeinsam gegen den Verkehrsinfarkt

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Wegen des Neubaugebiets für 30 000 Menschen in Johanneskirchen fordern SPD-Politiker ein Konzept von Stadt und Kreis für Münchnens Nordosten. Zentrale Bestandteile: ein Ausbau von B 471 und M 3 sowie eine Stadt-Umland-Bahn.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Die Fläche am nordöstlichen Stadtrand von München ist wahrlich beeindruckend groß. Stephan Kalis hat sie zur Verdeutlichung rot eingefärbt auf der Karte, die der Stadtplaner am Samstag an die Wand wirft vor den Augen von mehr als 20 Kommunalpolitikern. 600 Hektar Entwicklungsfläche bei Johanneskirchen und Englschalking, hier will die Stadt München in den kommenden Jahren ein neues Stadtquartier aufbauen, Wohn- und Arbeitsplätze für wohl etwa 30 000 Menschen. Dagegen mutet die neue Wohnsiedlung für 2000 Menschen, welche die direkt anliegenden Nachbarn der künftigen Neu-Münchner in Unterföhring zu verwirklichen gedenken, recht klein an.

München sucht nach seinen letzten Räumen, um zu wachsen, und ist an der nordöstlichen Stadtgrenze fündig geworden. Die enorme Entwicklungsmaßnahme dort ist beschlossen und sie wird nicht nur die innerstädtischen Bezirke stark verändern, sondern auch Einfluss auf die umliegenden Gemeinden, allen voran Aschheim und Unterföhring, haben - insbesondere im Hinblick auf den Verkehr. Deshalb haben sich SPD-Politiker aus den nordöstlichen Landkreiskommunen und dem Kreistag auf Initiative des Unterföhringer Gemeinderats Thomas Weingärtner zusammengetan, um die Kräfte beim Thema Verkehr und Entwicklung im Münchner Norden zu bündeln.

Auch mit den Genossen der Münchner Stadtratsfraktion hat man Kontakt aufgenommen, vergangene Woche veröffentlichte man eine erste gemeinsame Pressemitteilung. "Es ist alles miteinander verknüpft", betonte Weingärtner am Samstag, daher brauche es ein gemeinsames Zukunftskonzept. Angesichts der anstehenden Entwicklungen dürfe es jetzt nicht bei leeren Worten bleiben: "Es muss jetzt gehandelt werden."

Um das anzustoßen, hat der SPD-interne Arbeitskreis erste Forderungen entwickelt, die Weingärtner mit der stellvertretenden Landrätin Annette Ganssmüller-Maluche, Kreistagsfraktionssprecherin Ingrid Lenz-Aktas aus Aschheim und Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich am Samstag vorstellte. Zentraler Ansatz ist bei allen: Sie sollen über einzelne Gemeindegrenzen hinausreichen, betonte Kreisrätin und Moderatorin Johanna Hagn.

Kommunalpolitiker fordern mehr Unterstützung durch die Staatsregierung

Als zentrales Nadelöhr nimmt die SPD den Föhringer Ring in den Blick; dieser soll auf vier Spuren ausgebaut werden und dabei ein modernes Leitsystem mit Möglichkeit für eine freizuhaltende Busspur bekommen, außerdem eine Auffahrspur für von Unterföhring kommende Autofahrer. Der Ausbau des Föhringer Rings, über den auch eine Straßenverbindung zum neuen Münchner Stadtviertel laufen soll, ist in den Augen der SPD die Voraussetzung für einen Ausbau der Kreisstraße M 3 ebenso wie der Bundesstraße B 471, auf denen es sich heute schon häufig staut. Zu einem Ausbau der B 471 im Norden, der im Bundesverkehrswegeplan bereits verzeichnet ist, aber insbesondere in Garching viele Gegner hat, sehe sie keine Alternative, erklärte Ganssmüller-Maluche. Sie forderte allerdings, dass bei den Planungen Gleise für eine Stadt-Umland-Bahn gleich berücksichtigt werden.

Als Grundlage aller Planungen brauche es, so die Forderung der SPD-Politiker, zuallererst aber einmal aktuelle Zahlen sowohl der Autofahrer, die die Straßen nutzen, als auch der jeweiligen Ausbauzustände; diese Daten soll der Regionale Planungsverband zusammentragen und allen Kommunen zur Verfügung stellen. Ein weiteres zentrales Element für alle Verkehrspläne ist deren Finanzierung: Die Kommunal- und Kreispolitiker wiederholen hier ihre Forderung nach mehr Unterstützung durch die Staatsregierung - insbesondere wenn es um den Ausbau von S- und U-Bahn, Bus- und Trambahnlinien geht.

"Es darf nicht Aufgabe der Kommunen sein, U-Bahnen und Tramlinien zu finanzieren", unterstrich Lenz-Aktas. In den vergangenen Jahrzehnten habe es deutliche Versäumnisse beim ÖPNV gegeben, kritisierte Greulich: "Bei der S 8 hat sich seit den Olympischen Spielen nichts mehr getan, und da diskutiert man über die dritte Startbahn." Der Freistaat sei in der Pflicht, die Mittel für Verkehrsprojekte in der Metropolregion München zu erhöhen.

Angesichts des Skandals um bedenklich hohe Stickoxidwerte in München und gefälschte Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen sprach sich Ganssmüller-Maluche zudem dafür aus, der Landkreis solle mit gutem Beispiel vorangehen und seinen gesamten Diesel-Fuhrpark, so noch nicht geschehen, mit AdBlue-Technik ausstatten; dabei wird eine wässrige Harnstofflösung in den Abgasstrom gespritzt, die als Katalysator wirkt und den Ausstoß von Stickoxiden um bis zu 90 Prozent verringert.

Bürger sollen befragt werden

Die Fixierung auf das Auto als Verkehrsmittel kritisierte der Garchinger Stadtrat Götz Braun. Er forderte eine "echte Verkehrswende". So schnell werde man realistisch betrachtet jedoch vom Auto nicht wegkommen, argumentierte Weingärtner. Auch wenn sich die Redner einig waren, dass es wichtig sei, bei den Bürgern das Bewusstsein für die Fortbewegung ohne Automobil zu schärfen.

Angesichts des geplanten neuen Münchner Stadtviertels bei Johanneskirchen drängte Weingärtner auf ein rasches Handeln der kommunalen Partner. Die Ideen des SPD-Arbeitskreises werden nun in weiteren Gremien diskutiert, im Spätsommer wollen die Kommunalpolitiker dann auch die Bürger nach ihrer Meinung dazu befragen. Zu den Zukunftsvisionen zählen auch die Verbindung des neuen Nordostviertels nach Unterföhring mittels einer Tram, die am Kreisverkehr bei der Tankstelle Allguth vorbei zum Gewerbegebiet führen könnte, oder einer parkartigen Grünverbindung.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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