Ismaning:Energie aus dem Faulturm

Ismaning: Die Kläranlage in Ismaning wird erweitert und umgebaut.

Die Kläranlage in Ismaning wird erweitert und umgebaut.

(Foto: Stephan Rumpf)

Weil mit der Einwohnerzahl auch die Abwassermenge steigt, baut Ismaning seine Kläranlage aus. Dabei setzt die Gemeinde auch auf eine andere Methode der Reinigung - und auf die Erzeugung von Strom aus dem Klärschlamm, der dabei anfällt.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Sanft brodelt die Flüssigkeit in dem riesigen Becken vor sich hin. Luftblasen steigen beinahe geräuschlos auf und bilden an der Wasseroberfläche einen beigen Schaumteppich. Belebungsbecken heißen die beiden riesigen Metallbottiche auf dem Gelände der Ismaninger Kläranlage, die ein wenig versteckt im Auwald unweit der Bundesstraße 471 liegt.

Ein Becken fasst mehr als 5600 Kubikmeter, sein Pendant hat sogar ein Volumen von mehr als 6000 Kubikmetern. Hier sammelt sich das Abwasser, das die Ismaninger verbrauchen, im Haushalt oder im Büro, in der Küche, im Bad oder auf der Toilette. Etwa 3500 Kubikmeter Abwasser werden in der Ismaninger Kläranlage jeden Tag gereinigt, das ergibt 1,4 Millionen Kubikmeter im Jahr, erklärt Mitarbeiter Thomas Binsteiner. Und bald werden es wohl noch mehr sein.

Zu den Einwohnern kommen die Arbeits-Pendler

"32 000 EW" steht über dem großen Überblickschema, das an der Wand über Binsteiners Schreibtisch angebracht ist - die aktuelle Kapazität der Anlage, sie beträgt 32 000 sogenannte Einwohnerwerte, ein Referenzwert, der im Zusammenhang mit der Bevölkerungszahl steht und mit dessen Hilfe sich die biologische Belastung des Wassers abschätzen lässt. Da die Einwohnerzahl der Gemeinde wächst - aktuell sind es knapp 17 000 Einwohner und 14 000 Arbeits-Pendler, steigt auch die Menge an Abwasser, das sie erzeugen. Deshalb hat die Kommune zuletzt beschlossen, ihre Anlage zu erweitern - und dabei gleich umzurüsten.

"Je nach Menge und Belastung braucht das Abwasser zurzeit sieben bis zehn Tage, bis es unser System einmal komplett durchlaufen hat und gereinigt ist", erklärt Taner Hayirli, technischer Leiter der Abteilung Wasser und Kanal bei den Ismaninger Gemeindewerken. Wenn das Wasser die Kläranlage wieder verlässt, ist es so sauber, dass es wieder in die nebenan fließende Isar geleitet werden kann. Künftig soll das Wasser nur noch etwa drei Tage brauchen, um diesen Zustand zu erreichen.

Bisher wird der Klärschlamm abtransportiert und verbrannt

Möglich macht das ein Wechsel der Methode: Bislang arbeitet die Anlage nach dem Prinzip der sogenannten simultanen aeroben Schlammstabilisierung. Vereinfacht dargestellt bedeutet das, dass organische Substanzen im Abwasser mit Hilfe natürlich vorhandener Bakterien und anderer Mikroorganismen durch die Zufuhr von Sauerstoff umgewandelt werden in Humus oder mineralische Stoffe. Was an Rückständen übrig bleibt, setzt sich am Boden ab; dieser sogenannte Klärschlamm wird später entwässert und schließlich abgeholt und in einem Kohlekraftwerk verbrannt.

Bislang fallen in Ismaning jährlich etwa 1600 Tonnen Klärschlamm an. Doch das soll sich ändern. "Wir wollen künftig die Energie aus dem Schlamm nutzen", erklärt Hayirli. Dazu soll die Anlage um einen etwa zwölf Meter hohen Faulturm ergänzt werden, in den der gehaltvolle Schlamm dann geleitet wird und in dem er dann Faulgase wie Methan freisetzt - ein Prozess etwa vergleichbar dem in einer Biogasanlage.

Etwa 3,1 Millionen Euro wird die Umstellung der Kläranlage die Kommune voraussichtlich kosten. Eine bloße Erweiterung wäre mit etwa 2,3 Millionen Euro zunächst billiger gewesen, die neue Methode lässt jedoch wesentlich geringere Betriebskosten erwarten als die bisherige: Etwa 155 000 Euro pro Jahr stehen jährlich etwa 345 000 Euro gegenüber.

Die Anlage deckt künftig einen Großteil ihres Strombedarfs selsbt

"Aus dem Biogas, das bei der Faulung entsteht, wird Strom erzeugt, den wir intern nutzen können", erklärt Hayirli. So deckt die Anlage einen Großteil ihres Energiebedarfs künftig selbst. Außerdem fällt weniger Klärschlamm an, der teuer entsorgt werden muss. Auch hinsichtlich des Umweltschutzes kann die Faulungsmethode punkten: Nach der Umstellung soll die Ismaninger Kläranlage bis zu 95 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid ausstoßen als bisher.

Auf Hayirli und seine Mitarbeiter auf der Anlage kommt damit auch eine Umstellung zu. Bislang betreuen Thomas Binsteiner und seine Kollegen die Anlage täglich zu viert, an 365 Tagen im Jahr. Mit der neuen Methode muss das Personal um eine Stelle aufgestockt werden. Neben ihren bisherigen Aufgaben - wie zum Beispiel regelmäßigen Wasserproben, Tests im Labor, der Kontrolle der verschiedenen Becken und Reinigungsschritte und nicht zuletzt der Betreuung des gesamten Ismaninger Kanalnetzes - sind die Mitarbeiter der Kläranlage dann zusätzlich für den neuen Faulturm zuständig. Um die dort entstehende Energie nutzen zu können, wird auf dem Gelände der Anlage außerdem ein Blockheizkraftwerk gebaut werden, das ebenfalls betreut werden muss.

Um den künftigen Aufgaben personell gewachsen zu sein, ist das Team der Kläranlage deshalb für 2017 auf der Suche nach Nachwuchs: Die Gemeindewerke haben einen Ausbildungsplatz als Fachkraft für Abwassertechnik ausgeschrieben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: