Ismaning:Wo Kraut nicht gegessen, sondern geschnupft wird

Ismaning: Dass das Schnupfen ein Genuss ist, daran erinnern auch die teils kunstvollen Dosen.

Dass das Schnupfen ein Genuss ist, daran erinnern auch die teils kunstvollen Dosen.

(Foto: Robert Haas)

Aprikose, Knoblauch oder Apfelstrudel: Die Mitglieder des Ismaninger Schnupfclubs ziehen sich ungewöhnliche Aromen in die Nase. Nun entwickeln sie sogar eine eigene Mischung.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Das Ismaninger Kraut könnte bald schon Konkurrenz bekommen. Und das auch noch aus dem eigenen Ort. Nicht allerdings in Form einer neuen, veredelten Krautkopfzüchtung. Nein, Jana Neider, Christian Guggenberger und ihre Mitstreiter wollen das besondere, fein-würzige Aroma in einer ganz anderen Form unter die Leute bringen - am liebsten in einer hübschen Dose.

Die Mitglieder des ersten Ismaninger Schnupfclubs tüfteln gerade an ihrer ganz persönlichen Mischung: Ein vereinseigener Schnupftabak soll es werden. Der Name steht schon fest, und die wichtigste, weil eben so typische Zutat auch: Ismaninger Kraut.

Für die ersten Probetrocknungen hat Landwirt, Freie-Wähler-Landtagsabgeordneter und Gründungsmitglied Nikolaus Kraus ein besonderes Prachtexemplar von seinem Feld zum Vereinsstammtisch mitgebracht.

Den "Ersten Schnupfclub Ismaning" gibt es seit knapp einem Jahr. Den Tag, an dem sie die Gründung beschlossen, weiß der Vereinsvorsitzende Guggenberger noch genau: Es war der 11. September 2015 - die Freiwillige Feuerwehr Ismaning hatte zum Behördenfußballturnier mit anschließendem Grillfest geladen. Anschließend saß man noch recht gemütlich beisammen, erzählt Guggenberger, ratschte, trank Bier und zog reihum die Schnupfdosen hervor.

Und irgendwann fiel einem der Anwesenden am Tisch auf: "Wir müssen eigentlich einen Verein gründen - wir sind so viele, die gern schnupfen." Gesagt, getan, die Ismaninger fackelten nicht lang: Ein Bierdeckel diente als provisorische Urkunde für einen ersten Satzungsentwurf, Gründungsabsicht und Leidenschaft aller Anwesenden für den Vereinsgegenstand wurden in einem Beweisvideo festgehalten.

Ismaning: Die Vereinsmitglieder von 21 bis 71 Jahren (von links): Manfred Hofer, Daniela Reisinger, Christian Guggenberger, Jana Neider und Melanie Hofer.

Die Vereinsmitglieder von 21 bis 71 Jahren (von links): Manfred Hofer, Daniela Reisinger, Christian Guggenberger, Jana Neider und Melanie Hofer.

(Foto: Robert Haas)

Auch beim Vereinszweck mussten die sieben Gründungsmitglieder nicht lange überlegen: Brauchtumspflege und Förderung der Geselligkeit. "Die kann man gar nicht genug fördern", sagt Guggenberger.

Dank der Beharrlichkeit von Gründungsmitglied Michael Fischer blieb es am folgenden Morgen nicht bei der bloßen Erinnerung an eine etwas bierselige Nacht, sondern die Idee wurde rasch Realität. Heute zählt der Verein gut 40 Mitglieder, hat ein eigenes Logo - der Ismaninger Mohr gesäumt von Tabakblättern -, eine Website und einen Stammtisch: Jeden zweiten Donnerstag im Monat treffen sich die Schnupfbegeisterten von 19 Uhr an im Gasthof Erber im Ismaninger Ortsteil Fischerhäuser. Und bald hat der Verein womöglich sogar eine eigene Clubmischung. "Das ist alles immer ein Stückchen weitergewachsen", sagt Neider.

Besonders ist, dass die Mitglieder des Ismaninger Schnupfclubs anders als in Vereinen in anderen Teilen Bayerns auffallend jung sind - und in auffallend großer Zahl weiblich. "Ich kenne das Schnupfen schon immer von daheim, von meinem Vater", sagt Vorstandsmitglied Daniela Reisinger.

Irgendwann kam sie selbst auch auf den Geschmack, heute hat sie ihre Dose mit Schnupftabak bei Festen etwa immer in der Handtasche - als Genussmittel, wie andere gern eine Zigarette oder Zigarre rauchen. Wobei das Schnupfen gegenüber dem Rauchen einige Vorteile hat, wie die Clubmitglieder betonen. "Es riecht nur bei einem und man braucht nicht dafür nach draußen gehen", sagt Christian Dobmeier.

"Außerdem ist schnupfen viel griabiger als rauchen." Er selbst schwört auf die Mischung "Gletscherprise", einen Klassiker im hellblauen Plastikschachterl aus dem Hause Pöschl. Die Landshuter Firma ist eine von zwei verbliebenen Schnupftabakfabriken in Deutschland und nach eigenen Angaben Weltmarktführer.

Schnupftabak-Tasting bei der ersten Hauptversammlung

Ismaning: Der erste Satzungsentwurf hat inzwischen seinen Platz im inoffiziellen Club-Archiv.

Der erste Satzungsentwurf hat inzwischen seinen Platz im inoffiziellen Club-Archiv.

(Foto: Robert Haas)

Einen Favoriten hat fast jeder in der Stammtischrunde. Bei der ersten Hauptversammlung habe man ein Schnupftabak-Tasting mit einem Versandhandel aus Kaufbeuren gemacht, erzählt Jana Neider. Mehr als hundert verschiedene Sorten habe es dort zu probieren gegeben.

Inzwischen haben sich die beliebtesten herauskristallisiert und werden regelmäßig über den Verein bestellt. Wie beim Essen gehen auch in der Tabakfrage die Geschmäcker auseinander: Die Mischungen der Stammtischler stammen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Indien, Großbritannien oder Polen, die Auswahl reicht von Geschmackssorten wie Aprikose, Anis oder Knoblauch bis hin zu Exoten wie Apfelstrudel.

Von ihrem jüngsten Aufenthalt in Kuba brachte Neider einen Schnupftabak mit Zigarrengeschmack mit. "Man wird aufmerksamer und lernt immer wieder etwas Neues kennen", sagt sie. Auch mit der Geschichte des Schnupfens haben sich die Ismaninger beschäftigt, bei den Stammtischrunden wird häufig gefachsimpelt.

Während Daniela Reisinger etwa auf Schokotabak aus Südafrika setzt, zieht ihr Vater und erfahrenstes Schnupfclubmitglied Manfred Hofer altbewährte Mischungen vor. Ein grundlegender Unterschied ist der zwischen Schmalzler und Snuff: Ersterer bezieht seinen Namen daher, dass ihm früher tatsächlich eine Prise Schmalz zugegeben wurde, um ihn feucht und griffig zu machen.

Heute werden ihm stattdessen Öle beigemischt. Er besteht meist aus dunklem, sehr kräftigen Tabak. Für den häufiger verkauften Snuff hingegen wird meist hellerer Tabak verwendet, er enthält stets Menthol-, Pfefferminz- oder Eukalyptusöl und gilt als besonderer Nasenputzer.

So ganz gesund ist das Schnupfen freilich nicht. Zwar bescheinigen verschiedene Studien dem Tabak-Schnuppern durch die Nase weniger schädliche Eigenschaften als dem Inhalieren in die Lunge, unter anderem, da keine Kondensate verwendet werden. Doch auch auf den Schnupfdosen prangt ein Warnhinweis, dass dieses die Gesundheit schädigen und abhängig machen kann.

Die Menge mache viel aus, sagen die Clubmitglieder. "Bei uns steht der Genuss im Vordergrund", betont Reisinger. Wettkämpfe, bei denen es darum geht, besonders viel Tabak in einer vorgegebenen Zeit zu schnupfen, können sich die Ismaninger nicht vorstellen. "Man muss sich die Zeit nehmen zum Genießen", sagt Hofer.

"Wir haben auch Mitglieder, die gar nicht schnupfen oder nur einmal im Jahr", sagt Reisinger. Auch das sei kein Hinderungsgrund. Schließlich, da sind sich alle Mitglieder einig, steht die Geselligkeit im Vordergrund beim 1. SCI.

Der 1. Schnupfclub Ismaning trifft sich jeden zweiten Donnerstag im Monat im Gasthof Erber in Fischerhäuser. Neugierige können sich per E-Mail an info@schnupf.club wenden.

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