Ismaning:Bauern blockieren Naturschutz

Krautbauer Max Kraus, Ismaning, Bahnhofstraße 21

Krautbauer Max Kraus junior und andere Landwirte fühlen sich beim Schutz des Mooses überrumpelt.

(Foto: Florian Peljak)

Mit lautstarkem Protest verhindern etwa 60 Landwirte den Auftakt zur Kartierung von mehr als hundert Hektar am Ismaninger Speichersee. Sie fühlen sich von den Behörden ungenügend in das Vorhaben einbezogen.

Von Sabine Wejsada, Ismaning

Die Regierung von Oberbayern hatte alles so schön eingefädelt: Auf dem Goldachhof mitten im Ismaninger Moos sollte am Mittwochvormittag die Auftaktveranstaltung zum Managementplan für das FFH-Gebiet "Gräben und Niedermoorreste im Erdinger Moos" stattfinden und der Startschuss für die Kartierung von schützenswerten Flächen in dem 111 Hektar großen Gelände fallen. Doch daraus wurde nichts: Eine Vielzahl von aufgebrachten Landwirten aus der Gemeinde machte den Vertretern von Bezirksregierung, Forstverwaltung und den Unteren Naturschutzbehörden der Landratsämter München und Erding einen Strich durch die Rechnung.

Die Veranstaltung musste angesichts des lautstarken Protestes abgebrochen werden. Nach der Sommerpause will die Regierung einen neuen Versuch starten, wie Heinz Stellwag und Anne Meyer vom Sachgebiet Naturschutz ankündigten.

Die Bauern fühlen sich nach eigenen Angaben nicht ausreichend beteiligt an dem Vorhaben und kritisierten, dass sie zu kurzfristig von der Veranstaltung erfahren hätten. Während der Termin mit den beteiligten Behörden bereits vor mehr als vier Wochen abgestimmt worden sei, habe man den betroffenen Landwirten erst eine Woche zuvor Bescheid gesagt - und das "mitten in der Hochsaison der Getreideernte", wie es in einer Erklärung des Ismaninger Bauernverbandes, der örtlichen Jagdgenossenschaft und des Landschaftsvereins heißt.

Kritisiert wird darin vor allem das langsame Vorgehen der Regierung: Die Behörde habe seit 2004 gewusst, dass sie für das Gebiet nördlich des Speichersees einen Managementplan nach den Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien erstellen müsse. "Auf Nachfragen, wann dieses Verfahren eingeleitet wird, wurden wir Jahr für Jahr vertröstet", klagen die örtlichen Bauern, Jäger und der Landschaftsverein.

Zu schaffen macht den Landwirten, dass in der Zwischenzeit mehr und mehr Ackerflächen durch "Bibertätigkeit" vernässt worden seien und aus der Produktion hätten genommen werden müssen - stets mit dem Hinweis, es handele sich um schützenswertes Gebiet. 2009 sei sogar ein künstlicher Damm errichtet worden, um den Wasserstand hochzuhalten, mit dem Effekt, dass das Gelände nicht mehr mit landwirtschaftlichen Maschinen befahrbar sei. "Ein aus unserer Sicht vernünftiger Dialog mit der Unteren Naturschutzbehörde war damals wie heute nicht möglich", heißt es.

Mehr als 80 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in Ismaning, fast alle seien von einem Managementplan, wie ihn die Regierung nun erstellen lassen will, tangiert, sagen Max Kraus und sein gleichnamiger Sohn. "Das ist doch nicht die ehrliche Art, wenn man so eine Veranstaltung den Betroffenen nicht rechtzeitig mitteilt." Die Familie Kraus gehörte am Mittwoch zu den 60 Anwesenden, die sich am Goldachhof lauthals über das Vorgehen der Regierung beschwert und erzwungen haben, dass es einen neuen Termin geben wird, zu dem dann auch wirklich alle kommen können, "die das Thema etwas angeht", so Kraus senior. Ihm, so versichert der Ismaninger Krautbauer, gehe es nicht darum, Natur- und Landschaftsschutz zu verhindern. Allerdings müsse dies im Konsens mit der Landwirtschaft stehen, fordert er.

Ismaning: Höchste Relevanz haben Niedermoor-Reste und Gräben nördlich des Ismaninger Speichersees.

Höchste Relevanz haben Niedermoor-Reste und Gräben nördlich des Ismaninger Speichersees.

(Foto: Stephan Schwarz)

Der Dauerregen spielt den Landwirten in die Hände

Aus dem Plan der Regierung, vor der Erarbeitung des Managementplans mit allen Beteiligten in Kontakt zu treten und über die anstehenden Arbeitsschritte zu informieren, wurde nichts. Noch ehe die Vertreter der Behörden das Wort ergreifen konnten, machten die Bauern ihrer Wut Luft. Der Dauerregen an diesem Vormittag hatte es möglich gemacht, dass zahlreiche Landwirte ihre Arbeit unterbrechen und deswegen zum Goldachhof kommen konnten. Nach der Zusage, einen neuen Termin anzuberaumen, verließen die verärgerten Bauern das Anwesen.

Ismaning: Das zu vermessende Gelände ist 111 hektar groß.

Das zu vermessende Gelände ist 111 hektar groß.

(Foto: Stephan Schwarz)

Die mehr als hundert Hektar sind nach Angaben der Bezirksregierung ein wertvoller Bestandteil des europäischen Biotopverbundnetzes "Natura 2000" im zentralen Oberbayern. Für die Meldung als FFH-Gebiet sind vor allem die hochwertigen, artenreichen Niedermoor-Reste und Gräben nördlich des Ismaninger Speichersees bedeutend, ebenso wie die Vorkommen der beiden Schmetterlingsarten Dunkler und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling, der Libellenart Helm-Azurjungfer und der in Bayern vom Aussterben bedrohten Bauchigen Windelschnecke.

Mit Hilfe eines Managementplans sollen die Forderungen der EU erfüllt werden, die Natura- 2000-Gebiete bestmöglich zu erhalten. Naturschutz- und Forstbehörden erfassen zu diesem Zweck Lebensräume und Arten und machen Vorschläge, wie ein Erhalt gesichert werden kann. Für Grundstückseigentümer und Nutzer habe der Managementplan Hinweischarakter, heißt es, sie dürften die Flächen "entsprechend der guten fachlichen Praxis auch weiterhin bewirtschaften". Der Zustand des Gebietes darf sich laut Regierung jedoch nicht verschlechtern. Wie das wohl die Ismaninger Bauern bewerten?

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