Interview:Lesen hat Zukunft

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Gabriele Oswald glaubt als Leiterin der Grünwalder Gemeindebücherei natürlich an die Zukunft des Buches - also an jene des gedruckten. (Foto: Claus Schunk)

Gabriele Oswald über 90 Jahre Gemeindebibliothek Grünwald

Interview von Claudia Wessel, Grünwald

Ihr 90-jähriges Bestehen feiert die Gemeindebibliothek Grünwald am Freitag, 13. November, mit einer "Langen Nacht". Geöffnet sind die Räume in der Südlichen Münchner Straße von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 23 Uhr. Die SZ sprach mit Bibliotheksleiterin Gabriele Oswald.

Glauben Sie, die Bibliothek kann auch ihr 100-Jähriges noch feiern angesichts der Digitalisierung des Lesens?

Gabriele Oswald: Auf jeden Fall, 100 prozentig! Das Buch ist bei uns immer noch Medium Nummer eins, 2014 machte es 61 Prozent der Entleihen aus, danach folgten erst mit 23 Prozent die DVDs. Viele Leser gehen auch wieder weg von den Ebooks, die sind doch nicht so praktisch, wie man anfangs denkt. Manche stört es, dass man die immer wieder aufladen muss. Andere mögen einfach das Umblättern von Papierseiten. Einige wiederum stört, dass man beim Ebook-Lesen quasi nicht alleine ist, denn das Leseverhalten wird gespeichert: wann jemand Pause macht, wie schnell er das Buch zu Ende liest et cetera, das alles wird registriert. Ich glaube, das Buch aus Papier ist nicht totzukriegen. Man kann es auch schöner verschenken. Und manche sagen, sie riechen gerne an Büchern, vor allem wenn sie frisch gedruckt sind.

Wie wird wohl zum 100-Jährigen das Angebot aussehen?

Ein großer Anteil wird sicher immer noch das Buch sein. Vielleicht kommen aber noch mal ganz neue Medien dazu. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass es mal ein Ebook geben wird.

Was mögen die Leute an einer Bibliothek?

Der von mir meistgehörte Satz lautet: Ich wollte ja nur reinschauen, und jetzt bin ich schon eine Stunde da. Dieses "sich nicht mehr losreißen können", weil man immer wieder etwas Neues entdeckt, das ist ein großer Reiz für unsere Kunden. Die Überraschungen, die sie dabei entdecken.

Sie haben ja auch ein kleines Café mit Getränken aus dem Automaten?

Das ist immer gut gefüllt. Wir sperren um 10 Uhr auf und die Zeitschriften und Zeitungsecke füllt sich sofort. Das sind eher die Rentner. Ansonsten decken wir alle Altersgruppen ab, es gibt sicher keine Kultureinrichtung, in der so gleichmäßig alle Gruppen vertreten sind, von der Mutter mit Säugling, die Fachliteratur über Kleinkinder sucht, über Schüler, die ein Referat halten wollen oder Erwachsene, die Tipps für ihr Hobby suchen. Einer unser ältesten Leser ist 95 Jahre alt, er wünscht sich regelmäßig Bücher und ist ein engagierter Kritiker. Wir haben auch Mobilkunden. Kranke oder nicht bewegliche Kunden bekommen ihre Bücher mit dem Fahrrad geliefert.

Die Räume wurden umgestaltet. Was gibt es Neues?

Einen Teppichboden, wir haben 50 Besucher durchschnittlich in der Stunde, da kann man sich vorstellen, wie der Teppich nach zwölf Jahren aussieht. Die Wände sind jetzt wieder hell und frisch. Unsere Möblierung haben wir ein wenig ergänzt und alles ein wenig übersichtlicher organisiert.

Wieviel lesen Sie selbst?

Nun ja, als berufstätige Mutter ist das manchmal nicht ganz einfach. Ich lese immer mehrere Bücher parallel, nicht immer nur welche aus der Bibliothek, aber auch.

Ihr Lieblingslesestoff ?

Ich liebe Fernwehbücher, Reisebeschreibungen, ich habe immer Fernweh. Deshalb lese ich gerne über fremde Länder, fremde Menschen, auch Biografien. Aber auch Fach- und Sachbücher. Und bei einem Krimi kann ich mich auch entspannen.

© SZ vom 06.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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