Inklusion:Haar installiert einen Behindertenbeirat

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Die CSU beantragt die Einrichtung eines beratenden Gremiums nach dem Vorbild des Landkreises. Bürgermeisterin Müller zeigt sich reserviert, aber Teile ihrer SPD unterstützen die Idee ebenso wie Grüne und Freie Wähler

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Gemeinde Haar richtet einen Behindertenbeirat ein. Das hat der Gemeinderat auf Antrag der CSU mehrheitlich beschlossen. Der Beirat soll die Rathausverwaltung beraten. Viel mehr ist aber noch nicht klar über die Funktion und die Aufgaben dieses neuen Gremiums, in dem nach Ansicht der CSU Fachleute und Bürger aus Haar vertreten sein sollen.

Wie so viele Diskussionen im Haarer Gemeinderat wurde auch diese vom Parteienstreit zwischen SPD und CSU überschattet. Bettina Endriss-Herz ist selbst auf den Rollstuhl angewiesen und hat sich als Gemeinderätin der CSU die Belange von Menschen mit Behinderung zur Aufgabe gemacht. Anlass für den Disput bot nun eine von ihr offenbar spontan ausgesprochene Einladung an den Behindertenbeauftragten des Landkreises, Aleksandar Dordevic, der im Gemeinderat sprechen sollte. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) erfuhr davon erst spät und fühlte sich offenbar überrumpelt. Auch ein Anruf von CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer, der kurzfristig von Müller noch ein Plazet für Dordevics Auftritt erwirken wollte, änderte nichts mehr: Er blieb ausgeladen, durfte nicht reden und die Atmosphäre war wieder einmal vergiftet. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Bürgermeisterin Müller die Belange von Behinderten als Chefsache ansieht, um die sie sich auch selbst als Mutter eines im Rollstuhl sitzenden Sohnes kümmert. Als es um dem Umbau einer Behindertentoilette im Rathaus ging, waren Endriss-Herz und Müller zuletzt schon einmal öffentlich aneinandergeraten.

Jedenfalls vermittelte Müller den Eindruck, den Antrag am liebsten mit dem Verweis beiseite wischen zu wollen, dass sich derzeit in der Gemeinde eine Gruppe bilde, die sich um Barrierefreiheit kümmern wolle. "Was für eine Gruppe?", fragte Endriss-Herz. Ihre Fraktionskollegin Gerlinde Stießberger betonte, es sei ein "erheblicher Unterschied", ob eine lose Gruppe sich um Barrierefreiheit bemühe oder ein Gremium installiert werde. Keymer erinnerte an die Tagesordnung: "Wir haben einen Antrag gestellt." Darüber solle abgestimmt werden. Und es zeigte sich schließlich, dass viele - auch von der SPD - das Ansinnen unterstützen.

Mike Seckinger (Grüne) sprach angesichts der Größe der Gemeinde Haar von einer "überlegenswerten" Sache. Antonius van Lier (FWG) sagte: "Ich kann sehr gut mit diesem Antrag leben." Ein solches Gremium könnte die Gemeinde bei Bauangelegenheiten beraten und auch in sozialen Fragen als Ansprechpartner dienen. Seckinger und van Lier wollten allerdings gerne geklärt haben, welche Kompetenzen der Behindertenbeirat haben und welche Rolle er übernehmen solle.

Über all das wird noch zu reden sein, nachdem am Ende bis auf drei SPD-Gemeinderäte alle für den CSU-Antrag gestimmt haben. Nach Ansicht der CSU sollte sich Haar als Kommune, in dem das Isar-Amper-Klinikum seinen Sitz hat und das sich beim Zamma-Kulturfestival des Bezirks vergangenes Jahr Inklusion groß auf die Fahnen geschrieben hat, jedenfalls ein Beispiel an dem seit fünf Jahren existierenden Behindertenbeirat des Landkreises nehmen - und an den vielen Gemeinden, die solch ein Gremium bereits installiert haben.

© SZ vom 27.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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