Infrastruktur:Mehr Platz für Bücher und Leser

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Die Unterhachinger Gemeindebücherei muss noch immer mit den Räumen auskommen, die sie vor 34 Jahren bezogen hat. Entsprechend eng geht es inzwischen zu. (Foto: Claus Schunk)

Für die Unterhachinger Gemeindebibliothek soll ein Neubau am bisherigen Standort in der Ortsmitte entstehen. Der von Leiterin Tanja Keller und Bürgermeister Wolfgang Panzer favorisierte Umzug an den Oberweg ist vom Tisch

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) fand seine Idee richtig praktisch und zudem zukunftsweisend für die Gemeinde Unterhaching: Die Bibliothek zieht vom Ortszentrum an den Oberweg, in dem alten Gebäude gegenüber dem Rathaus entsteht so mehr Platz für die Verwaltung. Auch die Leiterin der Bücherei, Tanja Keller, hielt diese Überlegungen für eine gute Lösung des Platzproblems der Bibliothek. Doch beide müssen das Konzept nun wieder zu den Akten legen. Der Kulturausschuss des Gemeinderats wehrte sich so energisch gegen einen Umzug der Bücherei an den Ortsrand, dass Panzer den Vorschlag dem Gemeinderat gar nicht erst vorlegen will. Lediglich zwei SPD-Gemeinderätinnen stimmten mit Panzer für die Verlegung der Bibliothek. Stattdessen soll die Verwaltung nun einen Neubau am bisherigen Standort prüfen.

Keller hatte in der Sitzung am Dienstagabend ein flammendes Plädoyer für eine Bücherei im zweiten Obergeschoss des geplanten Kinderhauses am Oberweg gehalten. Sie erinnerte daran, dass die Einrichtung noch immer in dem 1984 errichteten Gebäude untergebracht sei, dass seither nicht verändert wurde. Die Einwohnerzahl und mit ihr die Anzahl der Büchereinutzer hingegen ist seither rasant noch oben gegangen. Vor 34 Jahren standen in der "reinen Hol- und Bringstation" knapp 15 000 Medien zur Auswahl, und das war laut Keller für damalige Verhältnisse schon fortschrittlich. Es gab etwa 14 000 Besucher und zwei Vollzeitstellen. Heute arbeiten dort elf Angestellte, Keller zählt pro Jahr 100 000 Leser, die es auf 240 000 Entleihen bringen und aus 35 000 Medien wählen können. Das klingt beachtlich, nur ist das Gebäude inzwischen zu klein geworden.

Schließlich habe sich die Bibliothek verändert, so Keller: "Sie wird zunehmend nach dem Zuhause und dem Arbeitsplatz zum dritten Ort, an dem Menschen sich aufhalten", erläuterte sie den Ausschussmitgliedern. Die Unterhachinger Bibliothek sei nicht mehr nur Aufbewahrungsort für Bücher, sondern moderner Treffpunkt für Kommunikation und Austausch sowie Lernort.

Das Gebäude am Rathausplatz hat eine Gesamtfläche von 600 Quadratmetern. Nach heutigen Maßstäben, nach denen man zwei Medien pro Einwohner anbieten sollte, müsste Unterhaching 50 000 Bücher, Zeitschriften, DVDs und CDs im Sortiment haben. Aber auch die Besucher stehen sich mittlerweile auf den Zehen. Keller beklagte, nicht gleichzeitig für Senioren und für Kinder geeignete Nischen anbieten zu können, damit die sich nicht gegenseitig störten. Von den Jugendlichen, die sie gerne ihn ihr Konzept einbeziehen möchte, ganz zu schweigen. "Wir sind absolut zu klein", sagte Keller, die sich 1500 Quadratmeter wünscht und den Standort dabei als nebensächlich betrachtet. Am Oberweg stünden ihr 400 Quadratmeter mehr zur Verfügung, "und ich könnte alle Bevölkerungsgruppen mit einbeziehen", warb sie für die Idee.

Doch im Gremium fanden sich kaum Befürworter für den Standortwechsel. Zwar begrüßten alle eine Vergrößerung und Modernisierung der Räumlichkeiten. Doch war der Ausschuss einhellig der Meinung, dass eine so publikumswirksame Einrichtung in die Ortsmitte gehört. "Wir würden uns damit keinen Gefallen tun, die Bibliothek muss an zentraler Stelle bleiben, dafür geben wir auch gerne Geld aus. Sonst machen wir das Ortszentrum noch toter als tot", sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Richard Raiser, der vor einer "historischen Fehlentscheidung" warnte. Auch SPD-Gemeinderätin Monika Kormann-Lassas sieht die Nöte der Büchereileitung und sagte: "Wir können das sehr gut nachvollziehen. Aber der Oberweg ist sicher der falsche Standort." Man müsse sich eben unkonventionellere Gedanken machen und tiefer in die Tasche greifen.

Bereits 2016 hatte die Gemeinde zwei Kostenschätzungen für eine Sanierung des bestehenden Gebäudes in Auftrag gegeben. Eine kleine Variante hätte etwa 1,44 Millionen Euro gekostet, eine große Sanierung mit Erweiterung etwa zwei Millionen. Die anteiligen Baukosten für das zweite Obergeschoss des Kinderhauses am Oberweg werden mit 4,2 Millionen beziffert.

Für eine Modernisierung am jetzigen Standort sieht Bürgermeister Panzer nur noch die Möglichkeit, "Tabula rasa" zu machen. "Wir haben uns einige Planungsgedanken gemacht, aber die bringen uns nicht weiter", sagte er. Das liege vor allem an der Fehlplanung vor 35 Jahren, als man sich ein mediterranes Ortszentrum vorgestellt hatte. "Aber das funktioniert bei uns nicht, bei uns will keiner durch den Ort schlendern", stellte er fest, "vergesst das mit der Belebung." Einen Neubau werde man aber "nicht nächste Woche" hinstellen, betonte er, zunächst müsse die Gemeinde das Kinderhaus bauen und den Bauhof sanieren.

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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