Infesktionskrankheit:"Wir haben hier ein Masern-Nest"

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Ein hochansteckendes Virus aus Bulgarien breitet sich im Raum München aus - Mediziner raten jungen Menschen zur Impfung.

Stephan Handel

Großflächiger Ausschlag am ganzen Körper, entzündeter Gaumen, hohes Fieber und Husten - Masern sind viel ernster zu nehmen, als der verharmlosende Begriff "Kinderkrankheit" vermuten lässt. Münchner Ärzte befürchten jetzt einen Ausbruch der Infektion: 15 Menschen in der Stadt sind bereits erkrankt, sieben Kinder und acht Erwachsene. Eine 32-jährige Patientin bekam zudem durch das insgesamt geschwächte Immunsystem eine Gehirnentzündung. Sie liegt in einem Münchner Krankenhaus.

Das Masernvirus wird hierzulande als harmloser Erreger gesehen, ist in Wirklichkeit aber einer der tödlichsten Erreger in der Geschichte der Menschheit. (Foto: dpa)

Wie das Masern-Virus nach München kam, darüber gibt es Vermutungen, die Experten als "recht gesichert" bezeichnen: In Bulgarien grassiert die Krankheit seit Januar, 20 000 Menschen sind infiziert, 24 seitdem gestorben. Und tatsächlich wurde in München zunächst eine Gruppe von Bulgaren befallen, so dass angenommen wird, einer der Landsleute habe das Virus aus der Heimat eingeschleppt.

Mittlerweile hat es jedoch auch Nichtbulgaren erwischt. "Wir haben hier ein kleines Masern-Nest", sagt die Kinderärztin Ursel Lindlbauer-Eisenach. Nun soll durch eine Sub-Typisierung am Robert-Koch-Institut in Berlin herausgefunden werden, ob alle Erkrankten den gleichen Erreger in sich tragen.

Masern sind hochansteckend - ein Kranker würde in einem geschlossenen Raum von 100 ungeschützten Menschen 99 anstecken. Die Krankheit wird durch Tröpfcheninfektion übertragen, das ist in einer Großstadt mit U- und S-Bahnen, mit großen Kaufhäusern und vielen anderen Gelegenheiten zu Menschenansammlungen besonders gefährlich.

Hat sich jemand die Krankheit erst einmal eingefangen, gibt es keine Therapie - nur die Nebensymptome wie Fieber und Husten können behandelt werden. Bis die Masern wieder abklingen, kann es drei Wochen dauern.

Allerdings existiert seit den 1970er- Jahren eine wirkungsvolle, sichere Impfung - vorbei die Zeiten, als, wenn der Sohn erkrankte, die Tochter auch gleich angesteckt wurde, damit sie's hinter sich hat. "Das muss nicht mehr sein", sagt Lindlbauer-Eisenach. Vom ersten Geburtstag an kann geimpft werden, die Ärztin rät vor allem Jugendlichen und jungen Erwachsenen dazu - wie im Übrigen auch das Gesundheitsreferat der Stadt. Die Impfung ist noch drei Tage nach dem Kontakt mit einem Erkrankten wirksam. Sie besteht aus zwei Injektionen im Abstand von mindestens vier Wochen.

Bei den Münchner Schulkindern liegt der Impfgrad für die erste Spritze bei 94,2 Prozent. Nur noch 84,8 Prozent jedoch haben auch die zweite erhalten, die erst einen vollständigen Schutz garantiert. Und: "Wir haben eine große Impflücke gerade bei den jungen Erwachsenen", so Lindlbauer-Eisenach.

Eine Sprecherin des Gesundheitsreferats empfiehlt ebenfalls, den Impfschutz zu überprüfen: Wer als Kind an Masern erkrankt war oder wer zweimal geimpft wurde, der ist geschützt. Alle anderen sollten sich nach dem Rat der Experten die Spritzen setzen lassen - die Krankenkassen bezahlen das im Normalfall jedoch nicht. Kostenpunkt: 50 Euro.

© SZ vom 16.6.2010) - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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