Unterschleißheim:Derbleckt ins neue Jahr

Unterschleißheim: "Unter den Brücken würd' schon noch einiges an Wohnraum reinpassen." Die Well-Brüder kennen sich offenbar in Unterschleißheim aus.

"Unter den Brücken würd' schon noch einiges an Wohnraum reinpassen." Die Well-Brüder kennen sich offenbar in Unterschleißheim aus.

(Foto: Robert Haas)

Die Well-Brüder besingen beim Neujahrsempfang der Stadt Unterschleißheims Tatkraft beim Bau von Unterführungen und spotten über "autonomes Warten".

Von Klaus Bachhuber, Unterschleißheim

Nicht erst seit dem großen Bauprojekt in der Hauptstraße ist ein Missverhältnis im Unterschleißheimer Stadtbild unverkennbar: so ein Haufen Unterführungen - so wenig Wohnungen. Daher der folgerichtige Rat: "Unter den Brücken würd' schon noch einiges an Wohnraum reinpassen..." So haben die Well-Brüder aus dem Biermoos beim Neujahrsempfang der Stadt Unterschleißheim am Freitag im Bürgerhaus die 800 Gäste mit ihren Weisheiten über das Ortsgeschehen ins neue Jahr gespielt.

Beachtliches meldeten die Brüder, etwa dass der 2010 begonnene neue Flächennutzungsplan der Stadt doch noch vor dem Berliner Flughafen fertig wurde. Sie wagten auch eine Zukunftsprognose: Dass zum autonomen Fahren, an dem BMW jetzt im Unterschleißheimer Business Campus forscht, künftig bei der Verkehrssituation im Umfeld auch das "autonome Warten" nicht auf sich wird warten lassen. Und Insiderwissen: "Wie hoits'n ihr des aus? Aus jeda Zeitung schaut da Krimmer Stefan raus!"

Jahrzehntelang war es für jede Kommune im Freistaat jenseits der großstädtischen Veranstaltungsarenen das denkbare High End, die damalige Biermösl Blosn für einen Auftritt zu gewinnen - Unterschleißheim lässt die Nachfolgegruppe der Well-Brüder mal eben als Überraschungsgast in Gstanzln den Jahresrückblick singen und mit der Tuba das Büfett eröffnen. Mit derartigen Gesten, die ihre Sonderstellung untermalen, hat die Stadt auch 2018 schon wieder ihr unausgesprochenes Motto vorangestellt: "Think big!"

Das Jahr 2018 habe "großes Potenzial, ein besonderes Jahr für Unterschleißheim zu werden", sagte Bürgermeister Christoph Böck (SPD). "Große Projekte, an denen wir schon lange planen", stünden vor der Umsetzung. Im Februar wird mit dem barrierefreien Ausbau der beiden Bahnhöfe begonnen, elf Millionen Euro lässt sich die Stadt die Optimierung kosten. Für die künftige Verkehrserschließung des Business Campus wird im Frühjahr die Landshuter Straße umgebaut, wovon sich Böck ungeachtet vieler Unkenrufe "eine Besserung der Verkehrssituation" erwartet.

Unterschleißheim: Rathauschef Christoph Böck beherrscht die Details der Entwicklung seiner Stadt.

Rathauschef Christoph Böck beherrscht die Details der Entwicklung seiner Stadt.

(Foto: Robert Haas)

Ein neues Kinderhaus wird in "Microcity" eröffnet, dem ehemaligen Microsoft-Komplex, ein weiteres ist im Business Campus in Planung und das Rathaus werde zudem eine neue städtische Kindertagesstätte in Angriff nehmen, versprach Böck. Für den Neubau der Michael-Ende-Grundschule mit geschätzten 30 Millionen Euro Kosten wird heuer der Architektenwettbewerb stattfinden: Die Stadt wolle nicht weniger als ihren Ruf als großartige Bildungsstadt unter Beweis" stellen.

Auch neue Wohnbauprojekte werde man auf den Weg bringen, wenngleich sich der Stadtrat ein "gemäßigtes Wachstum" auferlegt habe. Eines der konkreten Projekte werde die Bebauung des bisherigen Tankstellengrundstücks am Ende der Bezirksstraße sein. Ein Neubau für das Rote Kreuz, die Fertigstellung der Aquariush-Erweiterung, ein Kunstrasenplatz für die Fußballer und ein Neubau am Sportreff runden die städtischen Bauvorhaben 2018 ab, sagte der Rathauschef.

Eine Bilanz aus Facebook-Kommentaren

Seine Bilanz für 2017 ließ sich Böck von Volkes Stimme diktieren. Anhand der im Laufe des Jahres auf der Facebook-Gruppe "Unterschleißheim (85716)" angefallenen Kommentare resümierte der Bürgermeister, Unterschleißheim sei 2017 verhungert - wegen der Schließung des Einkaufsmarktes im IAZ -, verdurstet, wegen der Bakterienbelastung im Trinkwasser, das über Wochen gechlort werden musste; und von der Außenwelt abgesperrt gewesen - wegen der Bauarbeiten an der Bundesstraße B 13. "Am Ende haben wir dann doch Vieles wieder hinbekommen", schloss Böck seine sarkastische Revue der wutbürgerischen Untergangsszenarien: "Sogar unser Trinkwasser schmeckt wieder wunderbar." Zu den Neuerungen des Jahres gehörte freilich auch die neue Bewirtschaftung des Bürgerhauses.

Mit der Ehrenmedaille der Stadt in Silber wurden beim Empfang drei Unterschleißheimer geehrt, die sich durch außergewöhnlichen Einsatz im Ehrenamt verdient gemacht haben: Cornelia Schweissgut vom Faschingsclub, Peter Rein vom SV Riedmoos und Roland Wick, seit 56 Jahren beim Roten Kreuz. Vom ehrenamtlichen Einsatz lebe die Stadt, sagte Böck und wandte sich den Geehrten wie den zahlreichen Aktivisten aus Vereinen und Verbänden zu: "Unterschleißheim braucht Sie."

In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass der Bürgermeister für seine Bilanz Kommentare auf der städtischen Facebook-Seite verwendete.

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