Hubertus Lindner gestorben:Ein Leben für Grünwald

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Altbürgermeister Hubertus Lindner ist mit 81 Jahren gestorben. Der parteifreie Politiker hat die Gemeinde von 1984 bis 2002 als Rathauschef geprägt und war bis zuletzt in der Kommunalpolitik aktiv

Von Stefan Galler, Grünwald

Wenn man Hubertus Lindner mit einem Attribut beschreiben müsste, gäbe es vor allem einen Begriff: Kontinuität. Sie prägte den politischen Werdegang des Grünwalder Altbürgermeisters, der 18 Jahre an der Spitze der Isartalgemeinde stand, aber auch sein Privatleben. Und so ist Lindner in dem Haus, in dem er am 10. Februar 1935 geboren wurde, am Samstagabend im Alter von 81 Jahren gestorben.

Anlässlich seines 80. Geburtstages hatte Lindners Nachfolger im Rathaus, der CSU-Politiker Jan Neusiedl, in seiner Laudatio auf den Jubilar verraten, dass dieser einer von nur 97 Grünwaldern sei, die in der Gemeinde geboren wurden und Zeit ihres Lebens dort verbrachten.

Lindner stammte aus einer Industriellenfamilie, die sich auf die Herstellung von Schmelztiegeln spezialisiert hatte. Als die Geschäfte nach dem Krieg schlecht liefen, wurde die Abwicklung der Firma nach dem Tod des Vaters in die Hände des damals erst 20 Jahre alten Hubertus gelegt. Der studierte ein bisschen Jura, ein bisschen Betriebswirtschaft - dann zog es ihn in die lokale Politik. Von 1960 an saß er für die Parteifreien Bürger Grünwalds (PBG) im Gemeinderat, als jüngstes Ratsmitglied in der Gemeinde. Nach dem Ende der Amtszeit seines Förderers Franz Rieger wurde er 1984 erstmals mit großer Mehrheit zum Bürgermeister gewählt.

Bis zu seiner Pensionierung vor 14 Jahren brachte Lindner zahlreiche, für die Gemeinde richtungsweisende Projekte auf den Weg: den Erwerb der Sportschule, den Bau einer Seniorenanlage sowie den Neubau von Bücherei, Jugendzentrum, Schulhort und Musikschule. Lindner ging den Weg Riegers weiter, durch niedrige Gewerbesteuersätze die Ansiedlung starker Unternehmen zu forcieren. Bis heute zählt Grünwald zu den leistungsstärksten Gemeinden in ganz Deutschland. Dazu trugen auch eine Reihe seiner politischen Entscheidungen bei, etwa der Erwerb von Grundstücksflächen auf dem Areal der Bavaria-Film im Ortsteil Geiselgasteig, die man später an Medien-Unternehmen veräußerte.

Doch Lindner war nie einer, der sorglos mit seiner Gemeinde umging: Als 1998 ein Schnellrestaurant in Grünwald eine Filiale eröffnen wollte, befürwortete der Bürgermeister den Plan, unterstützte aber die Skeptiker bei ihren Forderungen, dass das Unternehmen ein vernünftiges Entsorgungskonzept für die Unmengen an Verpackungsmüll vorlegte. Letztlich ließ er es sich aber nicht nehmen, am Eröffnungstag selbst in einen Hamburger zu beißen.

Noch 2015 äußerte er sich zur Entwicklung der mittlerweile 11 000 Einwohner zählenden Gemeinde kritisch. Zwar "blühe Grünwald gewaltig auf", doch der Flächenfraß sei bedenklich. Zudem gründe sich der Wohlstand vor allem auf Dienstleister aus der Finanzbranche, warnte der Altbürgermeister. "Und die können schnell mal wegziehen."

Zu dieser Zeit saß er bereits wieder im Gemeinderat. Nach einer Pause von zwei Amtsperioden hatte er sich 2014 wieder als Kandidat auf der Liste der PBG aufstellen lassen - auf dem hinteren 16. Platz - und war prompt von den Wählern ins Gremium zurück gewählt worden. "Ich lebe fast acht Jahrzehnte in dieser Gemeinde, habe deren ganze Geschichte mitverfolgt. Irgendwie lässt mi des net aus", sagte der bodenständige und überzeugte Grünwalder damals. Noch vergangene Woche nahm er an einer Sitzung des Gemeinderats teil, geschwächt und gekennzeichnet von einer schweren Herzoperation, wegen der er monatelang hatte pausieren müssen.

Über sein Engagement in Grünwald hinaus redete Lindner als Mitglied des Kreistages zwischen 1990 und 2014 auch in der Kreispolitik ein gewichtiges Wort mit, war zudem einer der Stellvertreter von SPD-Landrätin Johanna Rumschöttel. Er galt als verbindlich und bürgernah, war bei der Bevölkerung beliebt und geschätzt. Für seine Verdienste wurde er zum Altbürgermeister und zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt, außerdem erhielt er 2013 das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Auch in zahlreichen ehrenamtlichen Funktionen brachte sich Lindner ein, etwa in Kulturstiftungen, Fördervereinen und im Laien-Theater, für das er in verschiedenen Rollen bis ins hohe Alter auf der Bühne stand, sowie in der evangelischen Thomasgemeinde Grünwald. Lindner hinterlässt seine Frau Marianne, die ihn stets bei offiziellen Terminen und Anlässen begleitete und über die er einmal sagte, es sei "ein Glück, dass wir uns gefunden haben", sowie zwei Söhne, eine Tochter und acht Enkelkinder.

Die Beerdigung ist am Dienstag, 14. Juni, um 10 Uhr auf dem Waldfriedhof Grünwald. Am Vorabend findet in der evangelischen Thomaskirche ein Gottesdienst statt.

© SZ vom 07.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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