Hohenbrunn:Tunnel oder weiträumige Ortsumfahrung

Hohenbrunn: Manfred Haucke (rechts) will seine Nachbarn aus der Luitpoldsiedlung auf den anstehenden Bürgerdialog vorbereiten.

Manfred Haucke (rechts) will seine Nachbarn aus der Luitpoldsiedlung auf den anstehenden Bürgerdialog vorbereiten.

(Foto: Claus Schunk)

Die Bewohner der Luitpoldsiedlung wollen verhindern, dass das Verkehrsproblem Hohenbrunns auf ihre Kosten gelöst wird.

Von Helena Ott, Hohenbrunn

Wenn der Hohenbrunner Gemeinderat im Feuerwehrhaus tagt, dann passiert das weitgehend ohne Zuschauer. Manchmal verfolgen die Sitzung ein bis fünf Hohenbrunner. Ganz anders am Montagabend: Hundert Leute drängen sich im Pfarrsaal. Die Hälfte steht, die Tür geht nicht zu. Sie alle sind auf Einladung des Arbeitskreises Luitpoldsiedlung zu einem Informationsabend gekommen - die meisten von ihnen wohnen in einem der rund 150 Häuser über der Luitpoldstraße. Gemeinsam haben sie ein Problem: Wegen des Ausbaus der Gewerbegebiete im Osten der S-Bahn und mehr Durchgangsverkehr Richtung München fahren auf der Luitpoldstraße immer mehr Autos und Lastwagen. "Wenn man um 16 Uhr im Garten sitzt, versteht man sein Gegenüber nicht", sagt Walter Dengl. Das Grundstück des 58-Jährigen liegt keine fünf Meter von der Straße entfernt.

Schon 2016 hat die Nachbargemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn einen Antrag gestellt, die S-Bahn-Unterführung der Luitpoldstraße tiefer und breiter auszubauen. Auch größere Lkw sollten die S-Bahn Brücke passieren können, in Richtung des entstehenden Höhenkirchner Gewerbegebiets "Am Hart". Aber genau diese zusätzlichen Lkw wollen die Bewohner der Luitpoldsiedlung nicht. Sie befürchten auch, dass der Ausbau mehr Pkw anzöge, wenn die einspurige Unterführung nicht mehr den Verkehrsfluss hemmt.

Die Gemeinde Hohenbrunn hat den Ausbau der Unterführung vorerst blockiert, aber seither öffentlich keinen belastbaren Plan vorgelegt, was mögliche Alternativen sein könnten. "Die Lage ist hochkomplex. Um rauszufinden, was die bestmögliche Variante ist, mit der auch die Bürger zufrieden sind, haben wir den sehr aufwendigen Bürgerdialog am 28. Juni angesetzt", sagt Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU). Manfred Haucke vom Arbeitskreis Luitpoldsiedlung wollte die Anwohner für den Bürgerdialog rüsten. Wochenlang hat er recherchiert, um Gemeinderatsprotokolle und Akten verständlich aufzubereiten. Hat versucht herauszufinden, wie die verschiedenen Varianten, die für die Luitpoldstraße im Gespräch sind - Tunnel, Lärmschutzwände oder ein Trogbau - sich auf Verkehrsdichte und Lärm auswirken und ab welcher Grenze Straßenlärm gesundheitsschädlich ist. Auf einer Leinwand zeigt er nun Bilder anderer Lärmschutzwände und macht deutlich, dass diese für die Luitpoldstraße fünf Meter hoch sein müssten. Wände lehnen die Besucher der Veranstaltung einstimmig ab: "Das sieht ja aus wie eine riesige Gefängnismauer direkt vor dem Garten", sagt Paul Mieszkowski, 75.

"Ich bin auch kein Befürworter dieser Wände", sagt Bürgermeister Straßmair. Für eine Alternativlösung verweist er wieder auf den Bürgerdialog. Neben den Lärmschutzwänden wurde in einer Machbarkeitsstudie der Gemeinde auch geprüft, ob ein nach oben offener Trog für den Ausbau der Luitpoldstraße in Frage käme. Hier herrscht ebenfalls große Skepsis bei den Anwohnern. Sie fürchten, ihre Grundstücke nicht mehr bequem verlassen zu können, und glauben nicht, dass sich dadurch der Lärm wirklich verringert.

"Außer einem Tunnel gibt es für uns eigentlich keine akzeptable Variante", sagt Paul Mieszkowski. Ein Tunnelbau wurde laut Bürgermeister Straßmair sogar als erstes geprüft. Aber wie Manfred Haucke in der Präsentation darstellt, sei dieser rund 19,8 Millionen Euro teuer. Diese Summe müsste der Landkreis München zur Verfügung stellen. "Die Kosten sind immens, aber ich habe nie gesagt, dass diese Lösung damit vom Tisch ist", erklärt Bürgermeister Straßmair. "Finanzierung allein dürfe kein Hinderungsgrund sein", sagt Manfred Haucke, wenn es sich als beste Lösung für ein neues Verkehrskonzept für die ganze Gemeinde herausstellt.

Die könnte nach Meinung der Anwohner aber auch eine Ortsumfahrung sein. "Wir wollen nicht länger dafür herhalten, dass keine anständige Umgehungsstraße für Hohenbrunn gebaut wird. Alle anderen Orte haben eine", fasst Walter Dengel, ein Anwohner aus erster Reihe, die Stimmung nach der Veranstaltung zusammen. Laut Straßmair sucht auch die Gemeinde nach der perfekten Umgehung. Doch der Verlauf ist innerhalb der Ortsteile und Parteien umstritten: "Die einen wollen eine Westumfahrung oder eine Ostumfahrung, die anderen eine Tangente", sagt Straßmair.

Eine Lösung erhofft er sich vom Bürgerdialog in der kommenden Woche. Doch dazu müsste die Gemeinde wohl eine Vision zur weiteren Bebauung von Hohenbrunn vorlegen. Ohne die wäre es laut Haucke und anderen Bürgern schwer, sinnvoll über ganzheitliche Verkehrskonzepte zu sprechen

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