Hohenbrunn:Steine des Anstoßes

Die Grünen in Hohenbrunn fordern, Grabmäler aus Kinderarbeit auf dem Friedhof zu verbieten

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Kleine Hände behauen große Steinbrocken, schmale Schultern tragen schwere Körbe, dünne Körper brechen vor Erschöpfung zusammen - für solche Bilder wollen die Grünen in Hohenbrunn nicht verantwortlich sein. Viele Grabsteine, die in Deutschland auf die Friedhöfe kommen, fertigen Kinder. Die Hohenbrunner Grünen fordern nun, diese Steine in ihrer Gemeinde nicht mehr zuzulassen. Der Gemeinderat stimmt in seiner Sitzung am Donnerstag über diesen Antrag ab.

Weltweit ist Kinderarbeit in den vergangenen Jahrzehnten zwar zurückgegangen. Aber nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, sind 168 Millionen Kinder prekär beschäftigt, die Hälfte davon ist zwischen fünf und elf Jahre alt. Viele von ihnen, besonders in Indien, arbeiten in Steinbrüchen zur Herstellung von Grabsteinen. 50 000 Tonnen Granit werden jährlich von Indien direkt nach Deutschland exportiert, mehr als 90 Prozent der in deutschen Städten verlegten Pflastersteine kommen aus Indien. Und Schätzungen zufolge stammen in Bayern etwa 40 Prozent aller Grabsteine aus Ländern wie Indien oder China, in denen Kinderschutzorganisationen immer wieder ausbeuterische Kinderarbeit anprangern.

Schon vor mehr als einem Jahr hat der bayerische Landtag die Grundlage dafür geschaffen, dass Kommunen Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit verbieten dürfen. Im Juli 2016 änderte der Landtag das bayerische Bestattungsgesetz. Kommunen können seitdem Nachweise über die Herkunft von Grabsteinen verlangen. Im Landkreis München lassen zum Beispiel Unterschleißheim und Oberhaching solche Steine nicht mehr zu. In Fürstenfeldbruck, Penzberg und Gilching gilt ebenfalls ein Verbot.

Schon 2006 hatten die Grünen erstmals gefordert, Behörden und Staatsregierung sollten darauf achten, keine Produkte aus Kinderarbeit zu kaufen. 2010 gab es einen einstimmigen Grabsteinbeschluss aller Fraktionen im Landtag. Doch der wurde nie umgesetzt. Verantwortlich seien rechtliche Schwierigkeiten, sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Mehrere Städte - darunter München und Nürnberg - hatten ihre Friedhofssatzungen bereits geändert und entsprechende Grabsteine verboten. Doch gab es erfolgreiche Klagen von Steinmetzen, dass dies gegen die freie Berufsausübung verstoße. Dass Kinderarbeit komplett ausgeschlossen wird, kann das neue Gesetz nicht gewährleisten. Es sei schwer sicherzustellen, dass ein Grabstein in seiner ganzen Wertschöpfungskette ohne Kinderarbeit hergestellt worden sei, monierte der Gemeindetag. Es gebe nicht genügend Experten, die das überprüfen könnten.

In Hohenbrunn beschloss der Gemeinderat vor fünf Jahren schon einmal, Grabsteine aus Kinderarbeit zu verbieten. Doch drei Jahre später wurde der Absatz wieder gestrichen - wegen der damaligen Rechtssprechung. Jetzt möchte man es noch einmal probieren.

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