Hohenbrunn:Die Haie haben Oberwasser

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Während der Riemerlinger Schwimmverein mit dem beschlossenen Hallenbad-Neubau seine erfolgreiche Trainingsarbeit gesichert sieht, hadern andere Hohenbrunner mit der Millionen-Investition

Von Stefan Galler und Christina Hertel, Hohenbrunn

Wie wichtig die Entscheidung für die Schwimmsparte des TSV Hohenbrunn-Riemerling ist, war schon daran abzulesen, dass mehrere Dutzend Vereinsmitglieder am vergangenen Donnerstag ins Feuerwehrhaus gekommen waren, um der Gemeinderatssitzung beizuwohnen. Am Ende konnten die Vertreter der Riemerlinger Haie durchatmen: Sie werden eine neue sportliche Heimat bekommen. Das politische Gremium beschloss mit 13 zu sieben Stimmen den Neubau eines Hallenbades und einer Zweifachturnhalle für mehr als 19,5 Millionen Euro.

Womit ein Ende jener Übergangszeit, die der Verein im mittlerweile doch arg in die Jahre gekommenen alten Bad zubringen muss, entfernt in Sicht ist: Im Herbst 2021 soll das gesamte Sportareal fertiggestellt sein, bis dahin gilt es weiterhin, die marode, 40 Jahre alte Schwimmhalle so weit in Schuss zu halten, dass keine Sicherheitsrisiken bestehen. Denn eines ist klar: Ohne die Möglichkeit, regelmäßig zu trainieren, hat ein Verein wie die Haie keine Chance, sein hohes Niveau zu halten.

Einerseits sind die Riemerlinger im Breitensport eine Macht: Die Sparte, die rund ein Drittel des TSV-Gesamtvolumens ausmacht, hat circa 1100 Mitglieder, davon mehr als 75 Prozent Kinder. Andererseits aber gehört Hohenbrunn zu den erfolgreichsten Schwimmvereinen in ganz Bayern, ein Ranking des Verbandes weist ihn als Nummer vier im Freistaat aus. "Vor uns liegen nur Stützpunkte, wir sind der einzige kleine Verein, der sich so weit vorne platzieren kann", sagt Barbara Watzlawick, die im Verein den Posten der Sportwartin Leistungssport innehat. Die Österreicherin, früher selbst Leistungsschwimmerin, freut sich auf die optimalen Trainingsbedingungen, die das neue Bad, ausgestattet mit sechs Bahnen auf 25 Metern, den Talenten bieten wird: "Es ist unbedingt notwendig, ein Bad am Ort zu haben, anders wäre es niemals möglich, die Kinder zu Spitzenleistungen zu bringen." Allerdings denkt sie auch an den gesellschaftlichen Auftrag, Kindern das Schwimmen beizubringen: "Gerade im Sommer hört man immer wieder, dass Menschen ertrinken." Das werde sich nur ändern, wenn es ausreichend Schwimmschulen und Vereine gebe.

Gut vier Jahre ist der größte Erfolg der Klubgeschichte her. Damals holten sich Helen Scholtissek, Emily Siebrecht, Antonia und Teresa Baerens in Berlin für die Haie den deutschen Meistertitel in der 4-mal-100-Meter-Freistilstaffel. Aus dem Quartett ist zwar keine Schwimmerin mehr im Verein aktiv, doch es kommt einiges nach, wie Barbara Watzlawick betont: Daniela Ernst, Jahrgang 2004, wurde im Mai süddeutsche Jahrgangsmeisterin über 200 Meter Rücken. Von ihr sei in den kommenden Jahren noch einiges zu erwarten, sagt die Chefin für den Leistungssport bei den TSV-Schwimmern. Auch Mara Sokac, ebenfalls Jahrgang 2004, zählt zur bayerischen Spitze, dazu kommen acht Haie des Jahrgangs 2006, die bereits dem Verbandskader angehören.

Für Annegret Upmann, die momentan kommissarisch das Amt der Abteilungsleiterin abdeckt, war der vergangene Donnerstag jedenfalls ein ganz wichtiges Datum in der Historie des Klubs: "Die Erleichterung ist riesengroß, man kann sagen, dass durch das neue Bad unsere Zukunft gesichert ist." Die langjährige Haie-Funktionärin, die in die Spartenleitung rückte, als der bisherige Abteilungschef Jens Siebrecht beruflich nach Berlin umzog, zeigte sich vom Verlauf der Gemeinderatssitzung überrascht: "Mir ist natürlich bewusst, dass es für die Gemeinde nicht einfach ist, eine so große Investition zu tätigen. Aber großen Respekt dafür." Vor allem das Votum der Sozialdemokraten, die mit der CSU-Fraktion für den Bau des Bades stimmten, habe sie überrascht.

Man müsse jetzt abwarten, wie sich die Gemeinde die Aufteilung der Bahnen vorstellt, so Upmann. Am Donnerstag hieß es jedenfalls, dass die neue Schwimmhalle täglich neun Stunden für die Öffentlichkeit zugänglich sein solle. Sollte dann parallel Schwimmtraining der Haie stattfinden, müsste die Gemeinde selbst für Aufsichtspersonal sorgen, wie Upmann betont: "Unsere Übungsleiter können nicht parallel das Training leiten und für die Sicherheit der Badegäste sorgen." Grundsätzlich sei der Verein immer gesprächsbereit, um eine Lösung zu finden.

Doch nicht alle freuen sich über die Entscheidung, annähernd 20 Millionen Euro für den Sport auszugeben. Vor allem Bürger, die in der Luitpoldsiedlung wohnen, sind enttäuscht. Weil die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn die S-Bahnunterführung so ausbauen will, dass auch Lastwagen durchpassen, befürchten die Anwohner mehr Lärm und mehr Abgase. Manche von ihnen haben gehofft, dass die Gemeinde einen Tunnel bauen könnte, um sie zu entlasten. Einer von ihnen ist Walter Dengl. Er wohnt seit 33 Jahren an der Luitpoldstraße und sagt: "Ich halte das Schwimmbad für ein Luxusprojekt. War das wirklich so dringlich? Ich glaube nicht." Von einer Entlastungsstraße hätten aus seiner Sicht mehr Bürger profitiert als von dem Schwimmbad. "Es ist fraglich, ob sich die Gemeinde einen Tunnel jemals hätte leisten können. Aber jetzt kann sie sich ihn ja erst recht nicht leisten." Ihn ärgert, dass der Gemeinderat über das Schwimmbad so lange und so ausführlich debattierte, während die Umgehungsstraße völlig vergessen werde. "Mir fallen da gar keine Worte ein." Dengl überlegt jetzt, ob er sein Haus an der Luitpoldstraße verkaufen soll. "Es ist dort nicht mehr lebenswert."

© SZ vom 02.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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