Hohenbrunn:"Auch die bestehenden Arbeiter-Wohnheime sollen weg"

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Stefan Straßmair hat als Bürgermeister der Gemeinde Hohenbrunn mindestens bis zur nächsten bayerischen Kommunalwahl 2020 das Sagen im Rathaus. (Foto: Schunk)

Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair wehrt sich gegen den Eindruck, dass die Veränderungssperre im Gewerbegebiet Riemerling eine Flüchtlingsunterkunft verhindern soll. Gleichzeitig verweist er auf die Bemühungen, Asylbewerber dezentral unterzubringen

Interview von Stefan Galler, Hohenbrunn

Es könnte ein spannendes Jahr werden für Hohenbrunn. Zahlreiche brisante Themen stehen auf der Agenda des Gemeinderates: Flüchtlingsunterbringung, Neuausrichtung der Gemeindefinanzen, Überplanung des Gewerbegebietes, nächste Schritte in Richtung Schwimmbadneubau. Die SZ hat sich mit Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) über die politischen Aussichten unterhalten.

SZ: Herr Straßmair, kurz vor Weihnachten hat der Gemeinderat beschlossen, die Hebesätze für Gewerbe- und Grundsteuer um jeweils 20 Prozentpunkte auf 320 (Gewerbe) beziehungsweise 280 Prozentpunkte zu erhöhen. Sie hatten eine deutlichere Erhöhung favorisiert. Kommt Hohenbrunn mit dem vorhandenen Geld 2016 aus ?

Stefan Straßmair: Wir werden auch langfristig mit unseren Mitteln auskommen. Kernpunkt ist die Anhebung der Nivellierungssätze auf 310 Prozentpunkte. Dies bedeutet, dass wir an den Kreis Umlagen auf Hebesätzen abführen müssen, die wir in dieser Höhe zum Teil gar nicht erwirtschaften. Je niedriger die Hebesätze einer Gemeinde im Vergleich zu diesen Nivellierungssätzen sind, desto mehr Geld kostet es also diese Gemeinde. Deshalb war es mir einerseits wichtig, dass wir uns hier annähern. Andererseits mussten wir aber auch dem Vermögenshaushalt mehr Geld als die bisherigen 100 000 Euro im Jahr zuführen.

Der Finanzbedarf ist durch die Anhebung der Kreisumlage um 2,9 Prozentpunkte nicht gerade kleiner geworden . . .

Die Umlageerhöhung und die Anhebung der Nivellierungssätze bedeuten, dass wir als Gemeinde Hohenbrunn jährlich rund eine Million Euro mehr abführen müssen. 500 000 Euro davon erwirtschaften wir schon einmal durch die Erhöhung der Steuersätze und ein paar kleinere Einsparmaßnahmen, etwa in der Verwaltung, beim Spielgeld in den Kindergärten oder im Bauhof. Dort konnten wir bei einem Personalwechsel beispielsweise einen Mitarbeiter mit Lkw-Führerschein einstellen und damit die Kosten für die Erlangung der Fahrerlaubnis einsparen.

In nächster Zeit stehen ja einige große Investitionen an, allen voran das neue Schwimmbad und die Turnhalle. Was wird da in diesem Jahr passieren?

Zunächst wird ein Projektsteuerer gesucht, der dann wiederum die Architekten-Ausschreibung angehen wird. Ich hoffe, wir können nach der Sommerpause in die konkrete Planung einsteigen.

Der vom Gemeinderat beschlossene Neubau des Hallenbades ist ja keineswegs unumstritten. Hat Hohenbrunn ein solches Großprojekt im Kreuz?

Ja. Wir verfügen über Rücklagen in Höhe von etwa elf Millionen Euro. Dazu gibt es im Gewerbegebiet noch Flächen mit einer Gesamtgröße von über 40 000 Quadratmetern, die die Gemeinde verkaufen kann. Damit wären die Baukosten definitiv gesichert. Was den Unterhalt angeht, so sind gut 800 000 Euro jährlich eine ehrliche Größe. Die immer wieder genannten 1,27 Millionen sind eindeutig zu hoch angesetzt. Diese 800 000 setzen sich aus 300 000 Euro für Zins und Tilgung sowie 500 000 Euro Unterhalt zusammen. Etwa eine halbe Million im Jahr hatten wir für das bestehende Schwimmbad auch schon im Haushalt veranschlagt.

Ärgert es Sie, dass sich die umliegenden Gemeinden unisono dagegen ausgesprochen haben, Hohenbrunn beim Schwimmbadbau finanziell zu unterstützen?

Nein, das war eigentlich absehbar. Wichtig ist jedoch, dass sich die Nachbarn allesamt dafür ausgesprochen haben, eine moderate Erhöhung der Nutzungsgebühren des Bades für ihre Schulklassen mitzutragen. Das ist ein klares Zeichen. Wir werden uns allerdings mit den Gebühren ganz klar am Markt orientieren, etwa an Ottobrunn mit dem Phönix-Bad. Allerdings sind wir wegen der hohen Energiekosten schon jetzt genötigt, die Nutzungsgebühren für das alte Bad nach oben anzupassen.

Sie haben das Gewerbegebiet Riemerling angesprochen. Zuletzt gab es eine intensive Debatte darüber, dass der Gemeinderat eine Veränderungssperre verhängt hat und einen neuen Bebauungsplan aufstellen will. Kritiker vermuteten dahinter den Versuch, ein Asylbewerberheim dort zu verhindern.

Eine Veränderungssperre könnte eine Flüchtlingsunterkunft doch gar nicht verhindern. Wenn der Landkreis hier unbedingt so eine Einrichtung wollte, so könnte er diese - zumindest für die Dauer von drei Jahren - auch einrichten. Es geht im Wesentlichen darum, für das Gewerbegebiet herauszufinden, welche planerischen Möglichkeiten wir haben. Wir können ja auch nicht in die bestehende Bebauung eingreifen, sondern nur für die Zukunft festlegen, was passiert, wenn Gebäude im Lauf der Zeit weg kommen und neue entstehen. Und da wollen wir ein einheitliches Bild, auch was die Höhen der Bauwerke angeht. Das Hohenbrunner Gewerbe will keine Wohnbebauung auf diesem Gebiet, auch die bestehenden Arbeiterwohnheime sollen weg. Wir müssen nun im Gemeinderat erarbeiten, inwiefern wir dieses Anliegen planerisch unterstützen können.

Dennoch bleibt festzuhalten, dass Sie im Gewerbegebiet Riemerling keine Flüchtlingsunterkunft wollen.

Ich verfolge grundsätzlich die Strategie, die Asylbewerber in kleineren Einheiten unterzubringen und bin stark bemüht, das auch hinzubekommen. Integration funktioniert ganz anders, wenn 30 Leute zusammenwohnen, als in Unterkünften für 400 Menschen. Wir als Flächengemeinde tun uns da vielleicht auch etwas leichter als andere Gemeinden. Erst vergangene Woche haben wir wieder 33 Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge genehmigt. Das Haus ist jetzt aber mit insgesamt 112 jungen Leuten absolut voll. 53 weitere Asylbewerber sind aktuell dezentral untergebracht, macht 165. Damit sind wir allerdings noch rund 70 von unserer Quote bis zum Ende 2016 entfernt.

Es fällt schwer, von Flüchtlingsschicksalen zu so etwas vermeintlich Unwichtigem wie einem Kunstrasen-Fußballplatz zu kommen. Dennoch ist auch das ein Thema, das die Hohenbrunner bewegt.

Ich habe den Platz vergangene Woche in Auftrag gegeben. Leider werden wir keinerlei Zuschüsse vom Bayerischen Landessportverbandes bekommen, dazu hätte der TSV Hohenbrunn der Bauherr sein müssen. Aber er verfügt über kein Eigenkapital, also springt die Gemeinde ein, wie das ja auch in anderen Kommunen in solchen Fällen geschieht. Nun wird der Verein sammeln, um zehn Prozent der Gesamtinvestition, das sind bei 550 000 Euro also gut 50 000, zusammenzubekommen. Ich bin selbst kein Fußballer, deshalb bin ich anfangs auch kein Fürsprecher gewesen. Aber ich habe mich im Gemeinderat überzeugen lassen, dass der Verein diesen Platz braucht.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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