Höhenkirchen:Weiß-blaue Söder-Show

Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Leonhardizelt, CSU Kreisverband München-Land, Markus Söder;

Kreisvorsitzender Florian Hahn (vorne) traut Markus Söder das erste Amt im Freistaat zu.

(Foto: Angelika Bardehle)

Der bayerische Heimatminister reißt im Siegertsbrunner Festzelt die CSU-Anhänger mit.Viele bejubeln ihn alskünftigen Ministerpräsidenten Auch Kreis-Chef Hahnbescheinigt ihm die Qualität, Ministerpräsident zu werden. Und das im Revier von Ilse Aigner

Von Iris Hilberth, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Die sogenannte Bierzelttauglichkeit ist schon immer einer der wichtigsten Parameter für einen bayerischen Politiker gewesen. Für einen, der ganz an die Spitze will, erst recht. Wer es schafft, nicht nur durch die Ankündigung seines Auftritts das Zelt zu füllen, sondern die Menschen auf den Bierbänken dazu bringt, eine Stunde lang nach vorn zu schauen, sodass sie vor lauter Begeisterung das Essen und Trinken auf dem Tisch glatt vergessen und bei besonders markigen Sätzen des Redners gemeinschaftlich jubeln, hat das Zeug dazu, etwas zu werden. Ministerpräsident zum Beispiel.

Markus Söder ist bekanntlich immerhin schon Minister und "Vollblutpolitiker", wie die Bürgermeisterin von Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Ursula Mayer, am Mittwochabend feststellt. Aber als Franke wird ihm der eine oder andere womöglich abgesprochen haben, in einem oberbayerischen Bierzelt bei den CSU-Anhängern zu punkten. Zudem liegt Höhenkirchen-Siegertsbrunn nicht nur im Bezirk seiner Kontrahentin um die Seehofer-Nachfolge, Ilse Aigner, sondern auch nur schlappe 18 Kilometer von deren Heimatort Feldkirchen-Westerham entfernt. Doch Söder beweist in Siegertsbrunn beim Jubiläumsfest des Burschenvereins, dass er den Bierzeltauftritt beherrscht. Ortsvorsitzender Roland Spingler kündigt den Redner als Heimatminister an, gefeiert wird er von 1200 Oberbayern dann als künftiger Ministerpräsident. Minutenlanger Applaus, nicht enden wollendes Händeschütteln, zig Fotowünsche. Es ist eine Söder-Show in Weiß-blau.

Der einstige CSU-Generalsekretär ist gelernter Fernsehmann, er weiß, wie man redet, um das Publikum bei Laune zu halten. Er beherrscht ohne Spickzettel die Rhetorik, die auf der Bierzeltbühne eines Burschenvereins gefragt ist. Sein Selbstbewusstsein, gepaart mit geschickt eingesetzter Selbstironie, bringt Sympathiepunkte, konservative Parolen über Griechenland, Flüchtlinge und Sicherheit begeistern die Basis. Auch in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Dass er sich damit nicht unbedingt auf die Kernthemen eines Heimatministers - als der er ja die Burschen ehren soll - konzentriert, ist nicht wichtig, wenn solche Sätze ziehen: "Schulden teilt man nicht, die verteilt man auch nicht. Die muss man bezahlen." Oder: "Der eigentliche Urfehler war, Griechenland in die Eurozone zu holen." Oder: "Wenn Europa eine Solidargemeinschaft ist, kann es nicht sein, dass nur Deutschland, nur Bayern Leute aufnimmt." Und: "Deutschland geht es nur so gut, weil es uns Bayern gibt."

Söder warnt vor einer "Wanderungsbewegung aus dem West-Balkan" und davor, "das Asylrecht als halbes Einwanderungsrecht umzudeuten". Er fordert die "volle Härte" gegen IS-Rückkehrer mit Terrorausbildung und mehr Polizisten für die Schleierfahndung. Und als er dann gegen den Länderfinanzausgleich wettert, weil "bayerisches Geld am besten in Bayern aufgehoben ist und nicht in Berlin", erntet er tosenden Applaus. Anders als bei seinem sich gerne in Rage redenden Ziehvater Edmund Stoiber kommt das bei Söder locker rüber. Sein Auftritt ist gespickt mit Anekdoten und humorvollen Vergleichen - die Lacher aus dem Publikum sind ihm gewiss, wenn er auf seinen Werdegang zu sprechen kommt und dann sagt: "Ich habe meinen Doktor gemacht und ihn sogar bis heute behalten." Das hat er zwar schon bei anderen Veranstaltungen als Seitenhieb auf den Ex-CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg angebracht, aber halt noch nicht in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Auch der Einstiegs-Gag, "vielen Dank für das Lob, es war angemessen", funktioniert zuverlässig.

Das mit Rautenmuster dekorierte Festzelt der Burschen, die Blaskapelle, die Salutschützen und die Goaßlschnalzer, die auf den Bierbänken verteilt ihre Peitschen spektakulär über die Köpfe der Besucher knallen lassen, liefern dem bayerischen Heimatminister natürlich ein passendes Ambiente. Defiliermarsch zu Beginn und Absingen der Bayernhymne am Ende inklusive. So setzt man seinen Kandidaten in Szene. Gastgeber Florian Hahn, der CSU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete, macht keinen Hehl daraus, wen er als zukünftigen Ministerpräsidenten sieht, und attestiert Söder: "In einer kurzweiligen Rede hast du gezeigt, dass Bayern mit dir auf dem richtigen Weg ist." Er habe bewiesen, dass er sich in den Themen auskenne, und wisse, wo es für Bayern hingehen müsse. "Du hast die wichtigsten Qualitäten, um irgendwann die Nummer Eins für Bayern zu sein." Andere CSU-Leute sind trotz Begeisterung vorsichtiger. "So weit sind wir noch nicht", sagt Bürgermeisterin Mayer, und der Ortsvorsitzende Spingler meint: "Wir haben einige geeignete Kandidaten." Das Publikum aber ist sich ganz sicher, und manch einer ruft geradezu berauscht in die Menge: "Der wird unser neuer Ministerpräsident!"

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