Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Gut gemeint, schlecht gemacht

Die Regelung der Kita-Platz-Vergabe, die der Gemeinderat in Höhenkirchen-Siegertsbrunn beschlossen hat, ist im engen Dialog mit betroffenen Bürgerinnen entstanden. Das ist löblich. Das Ergebnis selbst, dass die Berufstätigkeit der Mutter bei der Vergabe keine Rolle spielen soll, ist dennoch verfehlt

Von Bernhard Lohr

Die Gemeinderäte in Höhenkirchen-Siegertsbrunn nehmen mit ihrer Entscheidung, Berufstätigkeit bei der Bewerbung um einen Kindergartenplatz nicht anzurechnen, in Kauf, dass berufstätige Frauen gegen deren Willen zu Hause bleiben müssen. Das ist schwer zu fassen und fördert den Rückfall in ein überwunden geglaubtes Familienbild. Die Entscheidung war deshalb ein Fehler. Dennoch verdienen die Umstände, unter der sie getroffen wurde, eine genauere Betrachtung. Und es muss anerkannt werden, dass sich alle Beteiligten intensiv um eine gute Lösung bemüht haben.

Das Verfahren an sich war vorbildlich. Betroffene Eltern - tatsächlich waren es dem Vernehmen nach vor allem berufstätige Mütter - haben Vergabekriterien entwickelt und dem Gemeinderat als Vorschlag unterbreitet. Sie selbst wollten die Berufstätigkeit nicht als Kriterium aufgenommen haben. Und der Gemeinderat schloss sich dem einstimmig an. Dieser trotz solcher Einmütigkeit nur schwer nachzuvollziehende Vorgang ergibt nur Sinn, wenn man die Argumentationslinie kennt: So rückten Eltern wie Gemeinderäte in den Mittelpunkt, dass jedes Kind grundsätzlich ein Recht auf einen Kindergartenplatz und auf gleiche Bildungschancen habe. Das Recht beider Elternteile, einem Beruf nachzugehen, wurde diesem untergeordnet; sogar der Aspekt, dass viele Familien in der teuren Region München auf ein zweites Einkommen angewiesen sind. Die Härtefallregelung soll dann im Zweifel greifen.

Niemand sollte den Mitgliedern des Arbeitskreises und den Gemeinderäten eine leichtfertige Entscheidung unterstellen. Sie haben versucht, bis ins Detail ausgefeilte und argumentativ abgesicherte Regelungen für die Platzvergabe und für die Gebühren in den Kindergärten zu finden. Sie strebten damit eine gerechte Regelung an - und haben sich verrannt.

Sie haben die falsche Priorität gesetzt. Gerechte Bildungschancen gibt es für Kinder erst, wenn genügend Plätze vorhanden sind. Dafür muss an anderer Stelle mehr getan werden. Der Gemeinderat setzte nun, ohne das Problem zu lösen, ein fatales Zeichen. Er torpediert eine der größten gesellschaftlichen Errungenschaften, in einer Zeit, in der viel diskutiert wird über ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern. Frauen und Männer müssen im Berufsleben auf Augenhöhe agieren. Ein Betreuungsplatz fürs Kind ist dafür Bedingung Nummer eins.

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