Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Erste Bekanntschaft

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Katharina, Anna, Nina, Lia (v. li.) unterhalten sich mit Flüchtlingen.

Katharina, Anna, Nina, Lia (v. li.) unterhalten sich mit Flüchtlingen.

(Foto: Claus Schunk)

Gymnasiasten treffen auf minderjährige Flüchtlinge

Von Claudia Engmann, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

"Die Jungs sind mir ans Herz gewachsen", sagt Fiona aus der 10 c. Die Schülerin des Ottobrunner Gymnasiums meint damit ihre beiden Tandem-Partner, mit denen sie und ihre Klassenkameradin Leonie zum Schuljahresende eine Woche lang geübt und Hausaufgaben gemacht hat. Ausflüge, Sport, Kunst und Musik standen auf dem Programm. Die Tandempartner heißen Faisal und Ali und kommen aus Somalia. Einträchtig sitzen sie mit den Mädchen an den Schultischen im Höhenkirchener Gymnasium, in dem die Ottobrunner immer noch untergebracht sind.

Lehrerin Agnes Schlie hat das Projekt initiiert. Sie war bereits Ansprechpartnerin, als noch Flüchtlinge in der alten Turnhalle des Gymnasiums in Ottobrunn untergebracht waren. Dadurch kam sie in Kontakt mit Ursula Zenker. Die Diakonin und ausgebildete Erzieherin ist seit Anfang des Jahres halbtags bei der Diakonie angestellt. Sie organisiert die Beschulung, Freizeitbeschäftigung und den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer für fast 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die in der diakonischen Einrichtung Lore-Malsch-Haus in Hohenbrunn-Riemerling untergebracht sind. Träger der sozialpädagogischen Wohngruppen ist die Kinder- und Jugendhilfe Feldkirchen. Derzeit können sie vier Stockwerke im Seniorenheim nutzen, die vorher leer standen. Einige der Ottobrunner Schüler waren in den Monaten vor dem Projekt einige Male zu Besuch im Haus im Wald, um die Neuankömmlinge kennenzulernen.

Die Flüchtlinge sind zwischen 15 und 18 Jahre alt und kommen aus Somalia, Eritrea, Ghana, Elfenbeinküste, Zentralafrikanische Republik, Afghanistan, Syrien und Irak, Jesiden sind auch dabei. In ihrem Land hatten sie oft keine Chance zur Schule zu gehen, waren vielleicht den ganzen Tag draußen sich selbst überlassen. Jetzt sitzen sie mit den Gymnasiasten Tisch an Tisch. Sie müssten sich an den Tagesrhythmus erst mal gewöhnen, lacht Ursula Zenker. Die Kinder kämen alle gerne, der Lernerfolg sei sehr hoch durch die eins zu eins Betreuung, noch dazu kämen sie in Kontakt mit Gleichaltrigen. "Ich würde mir wünschen, dass unser Projekt Modell für weitere ist."

Ali ist seit neun Monaten in Deutschland. Er spricht sehr gut Deutsch und übersetzt für Faisal ab und zu, der erst seit sechs Monaten hier ist. Ali sagt, er möchte Automechaniker werden. Und viele Sprachen lernen. Faisal würde gerne Gebäude bauen und planen, also Ingenieur oder Architekt werden. Er liebt Bollywood-Filme, überhaupt Musik. Ein E-Piano gebe es in der Einrichtung, sagt er, aber keinen Lehrer, dafür sei kein Geld da. Drei Gitarren liegen in der Einrichtung rum, es fehlt nur die richtige Anleitung.

In der Projektwoche gehen alle vormittags zur Schule, dann essen sie gemeinsam und nachmittags machen sie Hausaufgaben. Es bleibt viel Zeit zum Reden. "Die Jungs haben uns Dinge über ihr Land und das tägliche Leben erzählt, von denen kann man im Fernsehen oder Internet nicht erfahren", sagt Leonie. Zwei Wochen wären besser gewesen, um mehr voneinander zu erfahren.

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