Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Billige Wohnungen für das Personal

Ottobrunn, Eiscafe Venezia, SZ-Lesercafe, Foto: Angelika Bardehle

Während sich die Kinder ein Eis schmecken ließen, stand Bürgermeisterin Ursula Mayer beim Lesercafé der SZ ihren Eltern Rede und Antwort.

(Foto: Angelika Bardehle)

Bürgermeisterin Ursula Mayer erläutert im SZ-Lesercafé den besorgten Eltern, welche Anstrengungen die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn unternimmt, um den Mangel an Kindergartenplätzen zu beheben.

Von Christina Hertel, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

In den Kindergarten wird Julia Beers Tochter erst einmal nicht gehen: Denn in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, wo Familie Beer zu Hause ist, fehlen Betreuungsplätze. Mehr als 60 Kinder stehen zurzeit auf einer Warteliste. Für Beers Tochter heißt das: Sie muss in der Krippe bleiben. "Die nimmt die Kinder bis vier", erzählt die Mutter, die das nur als Notlösung betrachtet. Julia Beer hat viele Fragen an die Gemeinde - vor allem will sie wissen, warum Erzieher fehlen und warum die Gebühren für den Kindergarten so viel teurer werden sollen. Eine Steigerung von bis zu 70 Prozent hat der Finanzausschuss vergangene Woche vorgeschlagen. Mit ihren Fragen an Bürgermeisterin Ursula Mayer von der CSU kam Beer wie einige andere Eltern am Dienstag nach Ottobrunn ins SZ-Lesercafé.

Die Aussichten sind nicht besonders gut: Nach dem aktuellen Stand kommen 64 Kinder im Herbst in keiner Einrichtung in der Gemeinde unter. Das liegt vor allem am Personalmangel. Eine Erzieherin hätte plötzlich gekündigt, weil sie zurück in die Heimat wollte, sagte Mayer. Andere seien schwanger geworden. Und dann habe der katholische Kindergarten auch noch so hohe Anforderungen an das Personal. "Als Geschiedener, Schwuler braucht man da gar nicht zu kommen", sagte Mayer. Die Gemeinde ist, was ihren eigenen Kindergarten angeht, toleranter.

Locken will Mayer Personal nun mit besonders günstigen Wohnungen, die zufällig frei geworden seien. Doch in Zukunft könnte nicht nur der Erziehermangel ein Problem sein: Genügend Plätze gibt es laut Mayer, auch wenn keine Stellen vakant sind, nämlich nur noch bis Mitte Januar. Und dann dauere es, bis der geplante Kindergarten an der Sigohostraße fertig wird. "Wir müssen sehen, was wir in der Zwischenzeit kurzfristig schaffen können. Aber ich muss ehrlich sagen: Die Plätze hab ich nicht."

Darüber ärgern sich die Gemeinderäte Anita Reiprich (SPD) und Luitgart Dittmann-Chylla (Grüne). Sie sagen, der Bebauungsplan für das Gelände sei schon seit einem Jahr fertig. Nur seien bis jetzt noch keine Ausschreibungen erfolgt - weil die Bürgermeisterin nicht vorankomme. Die Wohnhäuser auf dem Gebiet seien schon längst fertig, sagt Reiprich. "Nur beim Kindergarten ist noch nichts passiert." Mayer wiederum versteht diese Kritik nicht. Der Kindergarten an dieser Stelle sei alleine ihre Idee gewesen. Die Gemeinderäte hätten anfangs nicht geglaubt, dass er nötig sei.

Steigerung der Gebühren um bis zu 70 Prozent

Was viele Eltern im Lesercafé außerdem ärgerte: Die Erhöhung der Kindergartengebühren. Je nach dem, ob Familien vier oder neun Stunden in Anspruch nehmen, könnten sie bald zwischen 78 und 124 Euro mehr bezahlen. Das wäre eine Steigerung um bis zu 70 Prozent. Fest steht das noch nicht - aber zumindest empfahl das der Finanzausschuss vergangene Woche. In der nächsten Gemeinderatssitzung im Juli wird darüber noch einmal abgestimmt. Doch die Grüne Dittmann-Chylla weiß schon jetzt: Sie wird diesen Vorschlag nicht mittragen. Aus ihrer Sicht ist die Erhöhung unverhältnismäßig.

Tatsächlich wären die Gebühren dann fast doppelt so teuer wie in der Nachbargemeinde Hohenbrunn. Dort kosten vier Stunden 138 Euro und zehn 174 Euro. Zwar wurden auch in Hohenbrunn die Gebühren in den vergangenen Jahren angehoben. Aber seit 2013 nur um etwa zehn Euro. Was ist also in Hohenbrunn anders? Fakt ist: Die Gemeinde lässt sich die Kinderbetreuung einiges kosten: Die gemeindlichen Einrichtungen machten laut Geschäftsführer Thomas Wien 2015 ein Defizit von mehr als einer Million Euro. In Höhenkirchen-Siegertsbrunn bleibt die Gemeinde auf viel weniger sitzen: Beim Lesercafé sprach Mayer von 400 000 Euro ungedeckter Kosten - nur für den Gemeindekindergarten. Etwa die Hälfte davon werde auf die Eltern umgelegt. Wie viel Defizit die Gemeinde von ihren Trägern übernimmt, kann Mayer nicht sagen. "Nach der Gebührenerhöhung könnte es sein, dass sie endlich mal auf Null rauskommen."

Und noch eine Frage trieb die Eltern um: Warum kann sich die Gemeinde keine Kindergärten, aber dafür ein fünf Millionen Euro teures Feuerwehrhaus leisten? Mayer versuchte zu beschwichtigen: Seit fünf Jahren werde daran geplant, es sei eine Pflichtaufgabe. Außerdem habe sie auch schon einen Plan für das alte Haus: Dort könnte eine Erweiterung des Gemeindekindergartens untergebracht werden. "Wir gewinnen riesigen Platz." Mayer hofft nun wohl, dass mit dieser Idee nicht wieder das gleiche passiert wie mit ihrer letzten: Auch auf dem Ruf-Gelände hätte sie gerne Betreuungseinrichtungen geschaffen. Letztlich wurde daraus nichts - der Widerstand war zu groß.

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