Haar/Trudering:Vergaloppiert am Rappenweg

Die für Haar zentrale Nordtangente könnte kommen, wenn Stadt München und Grundeigentümer über ihren Schatten springen. Doch die Verhandlungen sind schwierig

Von Renate Winkler-Schlang, Haar/Trudering

Vielleicht gibt es ja noch eine Chance. In der Auseinandersetzung um ein Grundstück am Truderinger Rappenweg könnte tatsächlich das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Von dem Grundstück hängt der Bau einer seit Jahren verfolgten Straßenverbindung zwischen Haar und Trudering nördlich der Bahntrasse ab. Die Straße wird als unverzichtbar gesehen, um ein zigtausende Quadratmeter großes Areal für den Wohnungsbau zu erschließen, das zwar in Haar an der Schneiderhofstraße liegt, sich aber in der Hand der Stadt München befindet. Die Eigentümerfamilie des besagten Grundstücks jedenfalls gibt sich gesprächsbereit. Vertreter der Stadt München bekunden zumindest Interesse, noch zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.

Dabei ist die Lage alles andere als hoffnungsvoll. Nach jahrelanger Auseinandersetzung um das Areal hat die Stadt auf gerichtliche Entscheidungen hin im September eine Baugenehmigung erteilt, die es der Familie erlauben würde, auf die für die Nordtangente vorgesehene Trasse draufzubauen. Das Haarer Rathaus hat daraufhin, im Schulterschluss mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Peter Paul Gantzer einen Appell an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gerichtet, das Mögliche zu unternehmen, um die Verkehrs- und Wohnungsbauprojekte nicht komplett abschreiben zu müssen.

Dazu müsste man zu einer Einigung mit der Familie kommen, der das entscheidende Grundstück gehört. Ein Sprecher der Familie schildert seine Sicht, wie es zu der jetzigen Situation gekommen ist. Die Stadt habe 2008 auf einen Vorbescheidsantrag hin erklärt, dass auf genau diesem Grundstück am Ostrand des Gebiets kein Baurecht bestehe - anders als bei den unmittelbaren Nachbarn. Entsprechend niedrig sei die Aussicht auf ein Angebot gewesen, welches das Kommunalreferat der Eigentümerfamilie hätte machen können. Nach Jahren ergebnisloser Verhandlungen habe die Familie daher gerichtlich feststellen lassen, dass sie eben doch Baurecht habe. Mittlerweile hat die Familie die Baugenehmigung in Händen und darf vier Gewerbehallen errichten. Da es auf dem Grundstück keine Altlasten gibt, könnten die Eigentümer sofort loslegen. Für die Stadt hätte das jede Menge unangenehme Folgen. Es geht um etwa 1000 Wohnungen, die dem früheren CSU-Stadtrat Georg Kronawitter zufolge zur Linderung der Wohnungsnot auf dem städtischen Grundstück in Haar entstehen könnten. Die Stadt müsse allergrößtes Interesse daran haben, dass die 132 000 Quadratmeter große Fläche angebunden wird.

Man darf vermuten, dass die Familie sich all dessen bewusst ist. Man sei lange gesprächsbereit gewesen, sagt der Familiensprecher. "Aber dazu muss man halt mit uns sprechen und nicht immer nur über uns." Einen Verkauf des Grundstücks schließt er nicht vollends aus. Doch es seien inzwischen hohe Kosten für den Anwalt und für die Baugenehmigung angefallen. "Es müsste halt jemand mit uns sprechen. Aber ernsthaft sprechen. Das Zeitfenster schließt sich. Zunehmend."

Im städtischen Planungsreferat, das die Baugenehmigung letztlich ja hatte erteilen müssen und deshalb genau im Bilde sein müsste, sagt dessen Sprecher Ingo Trömer nur, man müsse sich erst auf die neue Lage einstellen - verfolge aber alle Pläne im Grunde weiter wie bisher. Grundstücksverhandlungen müsse ohnehin das Kommunalreferat führen. Dort ist es schwer, Auskunft zu erhalten, die entscheidenden Mitarbeiter sind auf der Expo Real. Sprecher Bernd Plank erklärt dann, die Stadt sei nie untätig gewesen, zwei Mitarbeiterinnen seien mit dem Fall befasst. Doch die Familie wolle nicht verkaufen, sondern tauschen, und zwar das Grundstück am Rappenweg mit dem alten Truderinger Rathaus, denn sie habe dort angrenzend auch Eigentum. Daher würden derzeit für beide Objekte Gutachten erstellt.

Der Anwalt der Familie dementierte allerdings schon vor Jahren, dass es ihr ums alte Rathaus gehe. Der Familiensprecher legt sich nicht fest, er erklärt nur, dass es nicht so gut wäre, sollte irgendein Investor das Rathaus in die Finger bekommen.

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