Haar:Das lange Warten auf den Campus

S-Bahnhof in Gronsdorf, 2015

Die Lage in Gronsdorf ist kompliziert: Landkreis und Gemeinde Haar wollen dort einen Schulcampus errichten, die Nachbarn in Trudering hingegen haben ganz andere Interessen.

(Foto: Angelika Bardehle)

De Pläne für den Schulbau in Gronsdorf drohen sich wegen der ungeklärten Verkehrserschließung auf unbestimmte Zeit zu verzögern.

Von Bernhard Lohr, Haar

Eltern in Salmdorf, Gronsdorf und in den westlichen Teilen Haars dürfen mit gewisser Vorfreude dem Jahr 2022 entgegenblicken. Bis dahin soll der Schulcampus samt fünfzügiger Realschule fertiggestellt sein, den ihre Kinder dann entspannt mit dem Fahrrad in zehn Minuten erreichen können. Gemeint ist jedoch nicht der Campus, der in Gronsdorf geplant ist. Die Stadt München möchte in den kommenden fünf Jahren vielmehr im Technologiepark West in der Messestadt Riem ihr Schulzentrum verwirklichen, zu dem neben einer Realschule auch ein Gymnasium, eine Dreifachturnhalle sowie ein Schulschwimmbad gehören sollen. Wenn alles steht, können die Haarer vielleicht leichter verschmerzen, dass es mit ihrem Schulcampus in Gronsdorf wohl noch etwas dauern wird.

Alles hängt am Truderinger Rappenweg - ein kompliziertes Tauschgeschäft

Während für den Campus in der Messestadt bereits ein Realisierungswettbewerb gelaufen ist, bei dem sich das Büro Gessert und Randecker Architekten aus Stuttgart durchsetzte, stehen der Landkreis und die Gemeinde mit ihrem Projekt in Gronsdorf ganz am Anfang. Wie kompliziert die Interessenslage in Gronsdorf ist, zeigte sich letztens schlaglichtartig, als die SPD im Truderinger Bezirksausschuss offen die Forderung erhob, auf einen Grundstückstausch am Rappenweg zu verzichten, von dem das gesamte Campusprojekt abhängt.

Seit Jahren stockt die geordnete Entwicklung an der Grenze der Stadt München zu Haar wegen dieser Grundstücksfrage. Nur wenn die Stadt dieses Grundstück in die Hand bekommt, kann die Nordtangente gebaut werden, die notwendig ist, um die in Gronsdorf fest geplante Fach- und Berufsoberschule zu einem Schulcampus mit Real- und Pflegeschule erweitern zu können.

Auch Wohnbaupläne der Stadt München, die in Gronsdorf ein mehr als zehn Hektar großes Areal auf Haarer Flur besitzt, hängen von dem Tauschgeschäft ab. Der Truderinger SPD geht es mit ihrem Vorstoß gegen dieses Geschäft vor allem um eine Entlastung der Anwohner der Bahnstraße, die als Wohnstraße die einzige Verbindung zwischen der von Salmdorf kommenden Schneiderhofstraße und der B 304 darstellt. Je nach Tageszeit verkehren dort Lkw vom Kieswerk in Salmdorf im Minutentakt. Der Ärger über Lärm, Staub und Gefahren durch Lastwagen ist groß, die in der engen Straße auch mal über Bordsteine fahren. Die ursprüngliche Vorstellung, dass über diese Straße noch der gesamte Schulcampus und vielleicht sogar neue Wohngebiete erschlossen könnten, hat ein Verkehrsgutachten als illusorisch entlarvt.

Eine Nordtangente wäre Bedingung für den Schulcampus

Seit zwei Monaten ist auch öffentlich bekannt: Den Campus gibt es nur mit Nordtangente. Die SPD machte den Grundstückstausch am Rappenweg und die Nordtangente davon abhängig, dass auf dieser auch die Lkw aus Salmdorf fahren können. Doch dies will die Gemeinde Haar nicht, die ein baldiges Ende des Kiesabbaus in Salmdorf anstrebt. Zwar soll die Nordtangente für Lkw ausgelegt werden. Doch Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sagt dazu auch, dass die Auffahrten in Gronsdorf auf diese parallel zur Bahn führende Straße nicht für Lkw ausgelegt werden solle. Man wolle dem Kieswerk keine Straße für seinen Schwerlastverkehr bauen. Also kein roter Teppich für das auch in Haar umstrittene Quetschwerk.

All die Hakeleien zwischen Haar und Trudering, bei denen auf Truderinger Seite immer wieder Forderungen laut werden, die Bahnstraße für Lkw zu sperren, ändern nichts an der generellen Linie. Selbst wenn es für den Antrag im Bezirksausschuss eine große Mehrheit gegeben hätte, wären die Folgen überschaubar gewesen. Der stellvertretende Bezirksausschuss-Vorsitzende Stefan Ziegler (CSU) merkte mit Blick auf die Campus- und die Wohnbaupläne in Gronsdorf schon in der Sitzung an, dass das Interesse der Stadt einfach zu groß sei, "als dass sie auf den Grundstückstausch verzichten würde". Das städtische Kommunalreferat ist weiter dran an der Rappenwegsache. Dessen Sprecher Bernd Plank sagt: "Der Auftrag, Verhandlungen zu führen, besteht weiter."

Wann der Campus in Gronsdorf eröffnen kann, steht noch in den Sternen

Wie lange diese dauerten, könne man nicht sagen. "Fristen werden nicht gesetzt." Dem Vernehmen nach gestalten sich die Gespräche schwierig. Die Grundstückseigentümer sind in einer starken Position, weil sie Baurecht auf ihrem Grundstück haben. Sie wollen im Gegenzug das alte Rathaus in Trudering - und womöglich mehr.

Erst wenn ein Durchbruch in den Verhandlungen erreicht ist, kann überhaupt an eine Straße gedacht werden, um später den Gronsdorfer Campus samt Realschule und Pflegeschule zu bauen. Über einen Zeitpunkt für die Eröffnung der Realschule in Gronsdorf spricht derzeit keiner. In der Messestadt drückt man dagegen aufs Tempo. Letztens hieß es im Viertel sogar, der vom Planungsreferat angepeilte Termin im Jahr 2022 sei zu wenig ehrgeizig. 2021 wäre besser.

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