Haar:Von Haar nach Kathmandu

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Der Medizinstudent Dominik Lisowski arbeitete mit Waisenkindern in Nepal und absolvierte dort ein Pflegepraktikum. Nun sammelt er Spenden zur Erdbebenhilfe, seine Heimatgemeinde hilft

Von Frederick Mersi, Haar

Vormittags im Kinderkrankenhaus arbeiten und abends im Waisenhaus schlafen, das ist nicht unbedingt der typische Tagesablauf eines Medizinstudenten. Doch Dominik Lisowski, der momentan an der TU München seine Doktorarbeit über entzündliche Autoimmunerkrankungen im Darm anfertigt, ist eine Ausnahme. 1,0 im Abitur, Kooperation mit Nobelpreisträgern, heuer Leitung eines Forschungsprojekts im japanischen Osaka: Da passt Kathmandu, die Hauptstadt Nepals, zunächst nicht so recht ins Karrierebild. Doch genau dorthin zog es den Haarer 2011 im Rahmen seines dritten Pflegepraktikums.

"Ich wollte in ein Entwicklungsland, weil man da mal etwas anderes sieht", sagt Lisowski. Mumps, Masern und Röteln etwa: Diese Krankheiten sind in Deutschland dank Impfungen kaum noch anzutreffen, in Kathmandu sind sie Alltag. Die Organisation der Krankenhäuser dort laufe "informell": "Mit einem Krankenhaus hatte ich vorher Kontakt. Mir wurde gesagt: Wir stellen keine Dokumente aus. Fangen Sie einfach an." Letztlich wusste bei Lisowskis Ankunft kein Arzt Bescheid, dass sich der deutsche Praktikant angekündigt hatte. Daraufhin sei er "einfach in ein anderes Krankenhaus reingelaufen" und habe gefragt, ob er helfen könne.

Das private "International Friendship Children's Hospital" (IFCH) des Arztes Shanta Chandra Shakya bejahte diese Frage umgehend. "Shakya schmeißt das ganze Krankenhaus. Morgens ist er Chirurg, nachmittags Internist", berichtet Lisowski, der sich während seiner Arbeit auch für die Hilfsorganisation "Bringing About Better Understanding" engagierte: Er brachte dem Pflegepersonal bei, Desinfektionsmittel selbst herzustellen. "Diese Mittel sind dort sonst zu teuer", sagt er. "Häufig gab es auf den Toiletten nicht einmal Seife. Trotzdem ging das Personal danach einfach von Patient zu Patient."

Auch außerhalb des Krankenhauses half Lisowksi. Sobald seine tägliche Arbeit im IFCH getan war, betreute er während seiner fünf Praktikumswochen zusätzlich bis zu 20 Kinder im Alter von drei bis 16 Jahren in einem Waisenhaus der "Volunteer Foundation Nepal" (VFN). "Ich habe mit den Kindern meistens Fußball gespielt oder sie bei den Hausaufgaben betreut".

Als heuer am 25. April und am 12. Mai die Erde bebte und fast 9000 Menschen starben, kamen das Waisenhaus und das Kinderkrankenhaus, in dem Lisowski gearbeitet hatte, glimpflich davon. Auf der Facebook-Seite des Krankenhauses hieß es, der Betrieb laufe weiter. Der Leiter des Waisenhauses Lalit Shahi berichtete, es habe Risse in der Wand gegeben. Aus Angst vor Nachbeben mussten die Kinder für einige Zeit in Zelten schlafen, inzwischen leben sie jedoch wieder im Gebäude selbst. Andere Waisenhäuser der VFN traf es indes weit schlimmer: Bei mindestens einem Gebäude sei die Decke eingestürzt, berichtet Lisowski. Daher entschied er sich, Fotos von seinem Praktikum auf der Künstlermeile in Haar auszustellen und um Spenden für den Wiederaufbau zu bitten. "Das wurde eine Aktion, die recht viele Leute angesprochen hat." Unverhofft kam dabei Hilfe vom Gemeinderat: Der beschloss, die Einnahmen aus dem Standerlös des Straßenfestes Lisowskis Spendenprojekt zukommen zu lassen. Zusammen mit privaten Spenden seien so bisher über 6200 Euro zusammengekommen. "Ich danke jetzt schon den Spendern."

In der Akutphase nach einer Katastrophe wie in Nepal gebe es häufig viel Geld für Soforthilfe. "In der zweiten Phase fällt das dann meist eher mager aus", erklärt Lisowski. Jetzt fehlten Investitionen für den langfristigen Wiederaufbau. Hier sollen die in Haar gesammelten Spenden helfen. Eine Überweisung erfolgte bereits Ende Juli, eine weitere soll Ende September folgen. Zwischen Studium und Prüfungen steht der Student weiterhin in Kontakt mit den Leitern des Waisenhauses. Mit Shakya aus dem Kinderhospital ist das schwieriger: "Als ich dort war, hatte er schon drei Jahre am Stück ohne Urlaubstage gearbeitet. Er ist immer sehr beschäftigt."

Ob er es in absehbarer Zeit noch einmal schafft, nach Kathmandu zurückzukehren, weiß Lisowski noch nicht: "Während des Studiums fehlt die Zeit. Aber natürlich würde ich das Waisenhaus gern besuchen und die Ärzte noch einmal sehen." Vielleicht wird eine Rückkehr nach dem Studium möglich. Bis dahin verlegt er sich mit allen Spendern auf finanzielle Unterstützung.

Spendenkonto der Gemeinde Haar bei der Kreissparkasse München: IBAN: DE 38 7025 0150 0080 3200 21, Verwendungszweck: Nepalhilfe

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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