Haar:Sieger im eigenen Wettbewerb

Lesezeit: 2 min

Haars CSU kritisiert Entscheidung für weiteren Gemeindekindergarten

Von Bernhard Lohr, Haar

Selten hat sich in den vergangenen Monaten im Haarer Gemeinderat deutlicher gezeigt, wie unterschiedlich die Sichtweise auf einen und denselben Vorgang sein kann. Den Anlass bot die Suche nach einem Betreiber für die Kindertagesstätte im Jugendstilpark, bei der das Rathaus erstmals den Weg über eine öffentliche Ausschreibung ging. Während Bürgermeisterin Gabriele Müller, SPD, Grüne und FWG von einem transparenten Verfahren sprachen, beklagte die CSU indirekt ein abgekartetes Spiel und brachte damit die anderen auf die Palme.

Schon als Bürgermeisterin Müller (SPD) vor einiger Zeit ankündigte, die Gemeinde werde sich selbst an der Ausschreibung beteiligen, sprach die CSU von einer Farce. Schließlich gab Müller zu erkennen, dass sie ein gemeindliches Engagement befürworten würde. Als jetzt herauskam, dass die Gemeinde in dem Punkteverfahren, wie es hieß, "ganz knapp" den Zuschlag erhalten hat, sahen sich Keymer und Andreas Rieder, der die CSU bei der entscheidenden nichtöffentlichen Gemeinderatsrunde vertreten hatte, nur bestätigt. Rieder sagte, die freien Träger seien ob der kurz gesetzten Fristen benachteiligt worden. Er deutete an, dass von vornherein klar gewesen sei, wer gewinnen werde, indem er einen Vergleich zum Fußball zog. Wenn an einem Stammtisch drei Sechzgerfans säßen und ein Bayernfan, dann wisse jeder, wer am Ende triumphieren werde.

Während Rieder den anderen vorhielt, voreingenommen in die Sitzung gegangen zu sein, bekannte er selbst, dass er sich schon vor der Sitzung und vor der in dieser vollzogenen Punktevergabe für die jeweiligen Bewerber, "klar" darüber gewesen sei, dass er "für einen freien Träger stimmen würde". Die Gegenseite - also vor allem Alexander Zill von der SPD und Antonius van Lier von der Freien Wählergemeinschaft - verwahrten sich dagegen deutlich gegen den indirekten Vorwurf, schon vorher gewusst zu haben, wie alles ausgehen werde. Zill verbat sich die "relativ bösartigen Unterstellungen", es habe "Mauscheleien" gegeben. Van Lier sagte auch, "er wehre sich" gegen solche Vorwürfe. "Ich kann mich noch im Spiegel anschauen." Man habe in der entscheidenden Sitzung sogar der Vertreterin der Gemeinde, Susanne Hehnen, sehr kritisch auf den Zahn gefühlt. Das Gemeindekonzept sei hart hinterfragt worden.

Katharina Dworzak (SPD), die als Zweite Bürgermeisterin diese Sitzung leitete, sagte: "Wir haben sehr offen diskutiert". Selbst nach Ende des Treffens sei nicht klar gewesen, wer gewonnnen habe. Das habe erst die Auswertung erbracht. Mike Seckinger (Grüne) hielt die gesamte Aufregung sowieso für übertrieben. Die öffentliche Ausschreibung sei an sich schon bemerkenswert, sagte er. "Frau Hehnen hätte das auch anders machen können." Ein Vier-Augen-Gespräch mit den Trägern, und eine Beschlussvorlage für den Gemeinderat: So hätte es auch laufen können.

Die Gemeinde steht nun doppelt unter Zugzwang. Trotz massiven Ausbaus bei der Großtagespflege fehlen Betreuungsplätze. Zusätzlich steht sie nun als Betreiber in der Pflicht, in wenigen Monaten bis September Personal zu akquirieren, weil es dann schon in der provisorische Krippe am Wieselweg losgehen soll, die später in das Kinderhaus im Jugendstilpark übergehen wird. Hehnen sagte, eine Gemeinde als Betreiber tue sich bei der Personalsuche leichter als eine freier Träger, auch könne die Gemeinde flexibel und schnell agieren, wenn Betreuungs-Engpässe entstünden.

Wie unterschiedlich SPD und CSU vieles in Haar bewerten, zeigte sich auch noch, als CSU-Mann Keymer beklagte, die Gemeinde habe die Wirtschaftlichkeit des Kita-Engagements nicht beleuchtet. Thomas Fäth (SPD) konterte: "Eine Frage, die Sie in Bezug auf die Realschule nicht stellen." Deren Bau fordert die CSU vehement, trotz Warnungen vor Millionenkosten für die Kommune.

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: