Haar:Senioren-Taxi mit Elektroantrieb

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Die Gemeinde Haar will einen Fahrdienst für Menschen einrichten, die auf fremde Hilfe angewiesen sind, und gleichzeitig etwas für den Klimaschutz tun. Deshalb startet sie nun ein Pilotprojekt

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Gemeinde Haar richtet in einem Pilotprojekt einen Fahrservice für Senioren und Menschen mit Behinderung ein. Die Gemeindewerke stellen dafür ein Elektrofahrzeug zur Verfügung. In der vorgesehenen Versuchsphase von zwei Jahren will die Gemeinde zwei Ziele auf einmal erreichen. So sollen Bürger mit eingeschränkter Mobilität einen zusätzlichen Service zur Seite bekommen. Außerdem will man testen, wie sich ein Elektrofahrzeug in der Praxis bewährt. Die Energiewende soll so vorangebracht werden. Im Gemeinderat wurde das Projekt am Dienstag gegen sechs Stimmen aus der CSU angenommen.

Im Grunde fanden alle das Vorhaben gut. Auch die kritischen Vertreter der CSU. Dass es dennoch eine Diskussion gab und sogar einige ablehnende Stimmen, lag vor allem an organisatorischen Fragen und an Bedenken, ob die Gemeinde der richtige ist, einen Fahrdienst zu betreiben. So bietet die Nachbarschaftshilfe (NBH) bereits einen ähnlichen Service an. Die Nachbarschaftshilfe war deshalb auch der erste Ansprechpartner von Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) gewesen, als sie auslotete, ob das Rathaus in dem Bereich aktiv werden sollte. Sie kam zu dem Schluss, dass das sinnvoll ist. Die NBH gab ihren Segen. Antonius van Lier, Gemeinderat der Freien Wählergemeinschaft (FWG), ist eines von drei gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern der NBH. Er sagte: "Die Nachbarschaftshilfe sieht das nicht als Konkurrenz." Und er stimmte dem Pilotprojekt zu.

Erst kürzlich legte die Gemeinde sich für den Bauhof ein Elektroauto zu. So ähnlich darf man sich das Fahrzeug wohl vorstellen, das die Gemeindewerke nun als Sponsor dem Rathaus auf den Hof stellen wollen. Eine Ladestation soll dafür angelegt werden. Das Auto kann dann jeder Haarer mit körperlichen Einschränkungen nach dem vorliegenden Konzept montags bis freitags von 8 bis 12.30 Uhr im Bürgerbüro des Rathauses anfordern. Mittwochs wäre der Wagen samt Fahrer ganztags buchbar. Eine einfache Fahrt im Gemeindegebiet würde zwei Euro kosten. Die Fahrer würde die Gemeinde stellen, und sie müssten über einen Personenbeförderungsschein verfügen. Gedacht ist an Fahrten zum Arzt, zum Einkaufen oder auch einfach zu Besuchen bei Freunden und Bekannten. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben soll den Haarern auf diese Weise bis ins hohe Alter ermöglicht werden. Bürgermeisterin Müller sagte, es sei der Wunsch vieler Menschen, so lange wie möglich zu Hause bleiben zu können. Dies werde hiermit leichter. Vorbild für das Haarer Modell ist Taufkirchen, wo es bereits einen Fahrdienst der Gemeinde gibt.

CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer, dessen Frau mit Van Lier im Vorstand der Nachbarschaftshilfe sitzt, störte an dem Konzept, dass die Gemeinde etwas übernimmt, was besser bei einer sozialen Einrichtung aufgehoben wäre. Es müsse nicht unbedingt die NBH den Fahrdienst übernehmen, aber es sollte eine "geeignete Einrichtung" sein, sagte er. Werner Pfanzelt (CSU) regte an, auf die Zwei-Euro-Gebühr zu verzichten, weil dann auch Fahrer ohne Personenbeförderungsschein eingesetzt werden könnten. Er wollte das zumindest geprüft sehen. Thomas Reichel (CSU) stieß sich daran, dass Gemeindepersonal Fahrdienste übernehmen soll. Und Gerlinde Stießberger (CSU) wollte durchsetzen, dass der Fahrdienst der NBH übertragen wird. Das setzte sich alles nicht durch, auch weil die NBH mit der Pilotphase offenbar leben kann, und auch, weil eine spätere Übernahme des Fahrdienstes durch die NBH ganz offen als Option gesehen wird. Alexander Zill (SPD) sagte, die Gemeinde solle das Projekt jetzt erst einmal zum Laufen bringen, dann könne man weitersehen. Bürgermeisterin Müller zeigte sich offen für Korrekturen auch an anderen Stellen. So sei möglicherweise auch an Fahrten über das Gemeindegebiet hinaus, zu Ärzten, zu denken, wenn sich das als praktikabel erweise. Antonius van Lier machte seine Zustimmung noch davon abhängig, dass die Gemeinde einen runden Tisch einrichtet, an dem die Arbeit der auf sozialem Gebiet in Haar tätigen Institutionen koordiniert werde. Dies sei dringlich, sagte er. Müller stellte eine solche Runde, die es in ähnlicher Form im Bereich der Kinderbetreuung gibt, in Aussicht.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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