Haar:Neuer Mann am Pult

Haar: Gibt den Takt vor: Joseph Bastian, eigentlich ausgebildeter Posaunist, probt mit dem Ensemble Haar und dessen Leiter Winfried Grabe (2.v.l.).

Gibt den Takt vor: Joseph Bastian, eigentlich ausgebildeter Posaunist, probt mit dem Ensemble Haar und dessen Leiter Winfried Grabe (2.v.l.).

(Foto: Claus Schunk)

Joseph Bastian dirigiert erstmals sinfonisches Konzert des Ensembles Haar

Von Udo Watter, Haar

In ihren besten Momenten versetzt Musik einen in Gefühlswelten, die den ganzen Körper durchströmen. Gerade monumentale Werke der Klassik können beim Hörer sämtliche Härchen aufstehen lassen, Momente der Erhabenheit hervorrufen, eine Art akustisches Panoramabewusstsein schaffen: Musik als großes Kino. Wer das Sommerkonzert des Ensembles Haar am kommenden Sonntag, 26. Juni, im Bürgersaal der Gemeinde besucht, dem dürfte das ein oder andere Gänsehaut-Erlebnis dieser Dimension winken, das Programm jedenfalls bietet dafür hervorragende Voraussetzungen. Beethovens 7. Sinfonie in A-Dur etwa gehört zu seinen bewegendsten Werken und gerade der zweite Satz ist in seiner feierlich-schmerzlichen Dramatik ein emotionaler Pfortenöffner par excellence. Er musste bereits bei der Uraufführung komplett wiederholt werden. Generell ist die 7. Sinfonie eine weitere künstlerische Auseinandersetzung Beethovens mit Napoleon (bekannt auch die "Eroica") und die Uraufführung war zugleich ein Benefizkonzert für antinapoleonische Kämpfer. Der stürmische Charakter des vierten Satzes soll Carl Maria von Weber im übrigen zu dem Spruch veranlasst haben, Beethoven sei "reif fürs Irrenhaus".

Des weiteren wird das Ensemble unter der erstmaligen Leitung von Joseph Bastian Rossinis Ouvertüre zu "Der Barbier von Sevilla" aufführen - ähnlich wie der zweite Satz von Beethovens Sinfonie, der etwa in einer eindrucksvoll inszenierten Szene des Oscar-prämierten Films "The King's Speech" eine tragende Rolle spielt, ist die Ouvertüre des Italieners ein Werk, das gerne als Filmmusik eingesetzt wird, etwa in Stanley Kubricks "Uhrwerk Orange". Auch die dritte Komposition an diesem Abend, das Violinkonzert e-Moll op. 64 von Felix Mendelssohn-Bartholdy, erfreut sich seit seiner Uraufführung 1845 großer Beliebtheit und gilt als Meilenstein dieser Gattung. Als Solist des Violinkonzerts fungiert Winfried Grabe, künstlerischer Leiter des Ensembles Haar. Die Konstellation - Grabe als Violinist, Bastian als Dirigent - macht diesen Abend für die Protagonisten wie auch für das Publikum so interessant. Bastian, eigentlich Posaunist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, forciert derzeit seine Karriere als Dirigent. Große Aufmerksamkeit und Kritikerlob hat sein Auftritt am Pult im Februar diesen Jahres erregt, als er für den kurzfristig unpässlichen Dirigenten Robin Ticciati einsprang und statt als Posaunist auf einmal als Dirigent des BR-Symphonieorchesters bei drei Konzerten im Gasteig agierte. Die "Abendzeitung" sprach von einem "sensationellen Einstand" des gebürtigen Franzosen, der aber immerhin schon auf Erfahrungen als Dirigent des Abaco-Orchester der Universität München bauen konnte.

Grabe hingegen, der seit 25 Jahren Dirigent des Ensembles Haar ist, konzentriert sich diesmal auf seine virtuosen solistischen Qualitäten. Der gebürtige Münchner hat ja an der Musikhochschule seiner Heimatstadt Violine studiert und war unter anderem bei den Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sowie als Konzertmeister bei den Münchner Symphonikern tätig. Unterstützt wird das Laienorchester von Bläsern des BR-Symphonieorchesters. "Sie sind ein geniales ,Schutzblech' für unsere Streicher", erklärt Georg Freitag, Pressereferent des Haarer Ensembles. Die Kooperation kam unter anderem durch Natalie Schwaabe zustande, sie ist Flötistin beim BR-Orchester und die Frau von Winfried Grabe. Ob dieser Voraussetzungen verspricht Freitag ein begeisterndes Musikerlebnis: "Das Konzept des Orchesters, dass Profis als Stimmführer mit engagierten und am Instrument versierten Laien zusammenarbeiten, bewährt sich immer wieder." Es spricht einiges dafür, dass das Publikum sich in Haar auf großes Kino für die Ohren freuen darf.

Das Konzert im Haarer Bürgersaal am Sonntag, 26. Juni, beginnt um 19 Uhr. Karten zu 18 Euro, ermäßigt zehn Euro (Schüler, Studenten, Schwerbehinderte) gibt es an der Abendkasse von 18.15 Uhr an und unter www.ensemblehaar.de

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