Haar:Krisenhelfer

Das Ernst-Mach-Gymnasium in Haar bekommt einen Schulsozialarbeiter

Von Bernhard Lohr, Haar

Jetzt wird die letzte Lücke geschlossen. Das Ernst-Mach-Gymnasium (EMG) ist in Haar die einzige Schule, an der noch kein Sozialpädagoge tätig ist. Das ändert sich im kommenden Schuljahr. Der Gemeinderat hat beschlossen, dass die Kommune dafür 50 Prozent der Kosten in Höhe von etwa 32 000 Euro zur Verfügung stellt. Die Stadt München, aus der knapp die Hälfte der Schüler am Gymnasium kommen, zahlt den Rest. Auch wenn das Gymnasium alles andere als eine Brennpunktschule ist, hatte Direktorin Gabriele Langner den Antrag auf Schulsozialarbeit gestellt. Ohne einer Fachkraft fürs soziale Belange geht es offenbar auch dort nicht mehr.

Das Aufgabenfeld der Schulsozialarbeit ist weit. Gerade im vergangenen Jahr hätte man am Haarer Gymnasium einen Sozialpädagogen gut brauchen können, als es für die mehr als 1100 Schüler darum ging, den Tod eines Mitschülers zu verkraften, der bei einem Fahrradunfall ums Leben kam. Außer in solchen akuten Fällen helfen Schulsozialarbeiter den Jugendlichen in den vielen kleinen und großen Krisen, die sich auftun. Sie bieten Gewalt-, Mobbing- und Suchtprävention an, beraten Schüler, die durch die Trennung ihrer Eltern mental in ein Loch fallen und nehmen sich der Inklusionsarbeit an der Schule an. Schüler mit Behinderung sollen mit den anderen im Alltag mithalten. Ganz ohne Begleitung funktioniert das nicht. Lehrer können die Sozialpädagogen heranziehen, wenn es um Klassenprojekte und um soziales Lernen geht. Diese kümmern sich um die Streitschlichterausbildung und bilden die Schnittstelle zum Ganztagesprogramm, das etwa auch die Volkshochschule gestaltet. Nicht zuletzt kommt mit den Flüchtlingen eine neue Aufgabe verstärkt hinzu. Es müssen Schüler mit Migrationshintergrund begleitet werden.

Angesichts dieser Fülle an Tätigkeiten, die Fachlehrer nicht einfach nebenher auch noch erledigen können, stand die Zustimmung im Gemeinderat nicht in Frage. Allerdings machte Thomas Reichel (CSU) im vorberatenden Hauptausschuss des Gemeinderats seinem Herzen Luft und äußerte Bedenken, ob die Entwicklung hin zu mehr und mehr Sozialarbeit an den Schulen nicht in eine falsche Richtung ginge. Reichel ist selbst Lehrer an einem Gymnasium. Er habe Sorge, sagte er, wenn der Staat mehr und mehr Aufgaben übernehme, die die Eltern nicht mehr leisteten. "Ich sehe ein Problem auf uns zukommen." Die Frage sei, ob sich die Gesellschaft das "auf Dauer leisten" könne. Alfons Meindl (SPD) fand es durchaus legitim, sich Gedanken zu machen, ob es sinnvoll sein kann, Probleme an Fachleute zu delegieren. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) allerdings ließ keinen Zweifel am Sinn und Nutzen einer solchen Stelle. "Wir sehen an jeder Schule, es tut der Schule, es tut den Schülern gut." Zudem gab sie zu bedenken, dass es um einen Pädagogen für 1100 Schüler gehe, was sicher nicht zu viel sei.

Im beratenden Hauptausschuss und im Gemeinderat war die Zustimmung einhellig. Kritik gab es nur im Grundsätzlichen. Und zwar wollten Müller und SPD-Fraktionschef Alexander Zill das Ganze nicht durchwinken, ohne darauf hinzuweisen, dass nach ihrer Überzeugung eigentlich der Freistaat die Kosten für die Schulsozialarbeit übernehmen müsste. Es handle sich "eigentlich um keine kommunale Aufgabe", sagte Zill. Der Freistaat sei für das Personal an den Schulen zuständig, dazu müsste auch der Schulsozialarbeiter zählen. Bereits vor einem Jahr hatte das Gymnasium einen Antrag auf Schulsozialarbeit gestellt. Dieser wurde jetzt, da ein Konzept für die personelle und finanzielle Ausgestaltung der Stelle vorgelegt worden war, im Rathaus bearbeitet und vom Gemeinderat angenommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: