Haar:Kontakte knüpfen bei einer Partie Uno

Haar: Der Name ist Programm: Einmal im Monat wird das Café des Kleinen Theater Haar zum "Café Kontakt".

Der Name ist Programm: Einmal im Monat wird das Café des Kleinen Theater Haar zum "Café Kontakt".

(Foto: Schunk)

Im Kleinen Theater Haar treffen sich einmal im Monat Einheimische und Flüchtlinge

Von Trang Dang

Haar Der Lärm des Nachbarhauses, der mit der Baustelle einhergeht, legt sich über die bürgerliche Idylle des "Kleinen Theaters" in Haar. Das passt gut zu dem Projekt, das Susanne Hehnen und Kerstin Onwuama von der Gemeinde Haar hier angesiedelt haben. Das "Café Kontakt" soll einmal im Monat einen Ort schaffen, in dem interessierte Haarer und Flüchtlinge aus den Traglufthallen und Feel-Home-Häusern in ungezwungen und in entspannter Atmosphäre Kontakte Knüpfen können.

Es ist nur eines von vielen sozialen Projekten aus dem Portfolio der beiden Gemeindemitarbeiterinnen. "Integrationsarbeit gehört zu meinen alltäglichen Aufgaben", sagt Onwuama. Die 32-Jährige ist hauptsächlich für Kindertagesstätten und Soziale Einrichtungen der Gemeinde Haar zuständig und hat daher ein sehr gutes Netzwerk zu Ehrenamtlichen, deren Treffen und Schulungen sie koordiniert und die Angebote dementsprechend bündelt. "Im Café Kontakt geht es darum, dass man sich erst einmal kennenlernt, sich durch Gespräche ein Bild vom anderen macht, und ihm nicht auf der Gefühlsschiene begegnet und sagt: der Arme."

Familienpatenschaften, gemeinschaftliche Kochabende und Fußballspiele, aber auch Jobs seien wichtig. Demnächst plane man auch Ein-Euro-Jobs für die Flüchtlinge, sagt Onwuama.

Als die ersten Besucher zum Auftakt allmählich ins "Café Kontakt" eintrudeln, macht sich bemerkbar, dass einige sich untereinander schon kennen, andere wiederum setzen sich an die runden Tische dazu und lauschen den Gesprächen, ehe sie sich mit einbringen. Onwuama begrüßt die Besucher mit einem "Kommen Sie rein!".

Sie berichtet davon, dass für das Ehrenamt im Helferkreis ein erweitertes Führungszeugnis gebraucht werde. "Davor schrecken viele zurück. Doch das Interesse ist groß, viele Haarer engagieren sich und suchen den Kontakt. Es ist wichtig, dass man Hilfe zur Selbsthilfe schafft."

Währenddessen werden die ersten Spiele wie Twister oder Uno aufgebaut. Einige Flüchtlingskinder haben sichtlich Spaß. Onwuama begrüßt ein einjähriges, somalisches Kind, das fröhlich auf sie zurennt und nimmt es auf den Arm. Die Mutter des Kindes, Anissa H., 22, nimmt neben der Initiatorin des Projekts Platz und macht einen müden Eindruck. Ihre Gedanken seien bei ihrem älteren fünfjährigen Kind, sagt sie. Es sei mit dem Rest der Familie, ihren drei Geschwistern und ihrer alten Mutter, in Somalia zurückgeblieben. Die junge Somalierin wohnt erst seit Kurzem mit ihrem Mann in einem Zimmer. Es dauerte viele Monate bis sie als dreiköpfige Familie zusammengefunden hatten. Projekte wie das "Café Kontakt" geben ihr die Möglichkeit, das Haus zu verlassen, um sich abzulenken.

Neben H. sitzt die 68-jährige Marianne Mück. Sie hat jahrzehntelang als Krankenschwester gearbeitet, heute kümmert sie sich im Helferkreis Haar um die medizinische Versorgung der Asylsuchenden. Gäbe es die zusätzliche Hilfe von Mück nicht, stünde es darum schlecht. Die medizinische Versorgung in der Traglufthalle soll sich seit Ankunft der Flüchtlinge aber verbessert haben. "Von meinem Beruf her versteht es sich von selbst, dass ich helfe. Wenn die beiden weg müssten, wäre es sehr schade."

Von den vielen bürokratischen Hürden, die Mück kennt, weiß auch der ehrenamtliche Dolmetscher Mohamed Fahim zu berichten. Der 45 Jahre alte, aus Afghanistan stammende Truderinger, der Dari und Paschto spricht, gibt seine interkulturelle Kompetenz an die jungen Flüchtlinge weiter. Fahim hat seinen Schichtdienst als Operation Specialist am Flughafen München extra wegen des Auftakts des "Café Kontakt" verlegt. Er möchte den Flüchtlingen erklären und helfen, wie die Gesetze in Deutschland sind, wie Integration hier abläuft.

Sein internationales Umfeld, beruflich wie auch privat, kommt ihm hierbei zugute: "Ich bin da, wenn die Hilfe brauchen, aber ich will auch mit ihnen über Deutschland sprechen. Besonders auch über aktuelle Ereignisse und ihnen erklären: Wie ist das hier? Was denken die Deutschen?" Später sitzt Fahim, der seit 1980 in Deutschland lebt, mit drei jungen Afghanen und anderen Besuchern am Tisch. Sie spielen Uno. Als aus einer Ecke jemand ruft "Ja, nicht bescheißen hier, schon an die Spielregeln hier halten", brechen sie in Gelächter aus. Denn genau das will das "Café Kontakt" erreichen: einen ehrlichen, aufrichtigen Umgang untereinander, beim Spiel und im Alltag.

Das "Café Kontakt" findet einmal monatlich im "Kleinen Theater" in Haar statt. Die Termine in diesem Jahr sind: 15. September, 13. Oktober, 17. November und 9. Dezember.

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