Umstrittene Schulanbau:Haarer Klassen-Kampf

Grundschule in Haar, 2014

400 Kinder besuchen die Grundschule im Jagdfeld in Haar. Ein Neubau soll noch einmal so viele Schüler aufnehmen. Das gefällt vielen Eltern nicht.

(Foto: Claus Schunk)

Während Eltern Unterschriften gegen die Erweiterung der Grundschule im Jagdfeld sammeln, will der Gemeinderat die Planung für das Projekt auf den Weg bringen.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Gegner einer Erweiterung der Grundschule am Jagdfeld haben in Haar mittlerweile gut 500 Unterschriften gesammelt. Ob sie damit das Projekt in letzter Minute gefährden können, ist allerdings fraglich. Die Initiatorin Gabriele Dotzel hat zwar die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens vor Augen, um den Neubau an dem aus ihrer Sicht völlig falschen Standort zu verhindern. Doch sie glaubt nicht daran, die 1500 notwendigen Unterschriften zusammen zu bringen, um einen Bürgerentscheid zu erwirken. Zweifelhaft ist auch, ob die gesammelten Unterschriften für ein Bürgerbegehren verwendet werden dürfen. Dafür sind klare Kriterien zu erfüllen.

Die Unterschriften-Sammlung "gegen den Standort" der Schule, wie es Dotzel sagt, ohne es näher zu erläutern, kommt nach Jahren der Diskussion. Es gab Gutachten zum Standort, einen Architektenwettbewerb und diverse Gemeinderatsbeschlüsse. Andere Standorte wurden mehrmals ins Gespräch gebracht, so etwa ein Areal südlich des Bezirksguts, das der Bezirk Oberbayern zum Verkauf angeboten hat und das Dotzel für geeignet hielte. Die CSU beantragte bereits im Sommer 2016, diesen Standort zu prüfen. Die Mehrheit aus SPD, Grünen und FWG, lehnte das unter anderem aus ortsplanerischen Erwägungen sowie aus Zeit- und Kostengründen ab. Man hielt am Jagdfeld-Standort fest.

In der Weihnachtssitzung des Gemeinderats am kommenden Dienstag, soll nun die Vorentwurfsplanung und die Kostenschätzung des Baus, der bisher auf 26 Millionen Euro taxiert wurde, abgesegnet werden. Bis 2020 spätestens soll der Schulbau stehen. Die Gemeinde macht Druck, weil er aus Sicht von Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) angesichts der steigenden Schülerzahlen dringend notwendig ist.

Die Zahl der Schüler soll sich auf 800 verdoppeln

Zu den 400 Grundschülern an der bestehenden Schule im Jagdfeld sollen weitere 400 dazukommen. Kritiker wie Dotzel befürchten eine überdimensionierte, anonyme Einrichtung, zu der die Schüler zudem von Weitem per Bus hingebracht werden müssen. Sie sieht den Bedarf eher im Norden der Gemeinde. "Dort wächst Haar doch", sagt sie und zweifelt die Zahl von 7,8 Quadratmetern Freifläche pro Schüler an, die Müller an der erweiterten Schule gegeben sieht; bei einer staatlichen Vorgabe von 3,75 Quadratmetern. Die von Müller bei der Bürgerversammlung ausgesprochene Einladung ins Rathaus will Dotzel annehmen und sich die Planung erklären lassen. Sie wolle sich nicht drücken, sagt sie, bekräftigt aber zugleich, dass sie die Zahlen der Bürgermeisterin nicht für nachvollziehbar hält.

Vieles, was Dotzel kritisiert, wurde beantwortet und war in der Vergangenheit schon Thema wie das Areal am Bezirksgut. Das gilt auch für die Frage, warum die beiden Schulgebäude unter einem Rektorat geführt werden sollen - einige Kritiker sprechen deshalb von einer "Monsterschule". Tatsächlich war einmal geplant, eine zweite separate Schule im Jagdfeld neben die bestehende zu setzen. Das wurde laut Rathaus auf Bitten der Schulleitung selbst verworfen. Denn eine große Schule hat auch viele Vorteile.

Joachim Kahlert, Lehrstuhlinhaber am Institut für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik der Ludwig-Maximilians-Universität, sieht diese auch. Der Professor kann die Skepsis gegenüber großen Einheiten bei Eltern von Grundschulkindern verstehen. Doch er rät dazu, bei Schulhaus-Planungen genau hinzuschauen. Den Schülern einer Schule sei es egal, sagt er, was neben dem Schulhaus stehe. Also etwa auch, ob da ein weiteres Schulgebäude sei. Wichtig sei, wie Schüler das eigene, engere Umfeld erlebten.

Eine größere Schule biete die Möglichkeit, mehr schulische Angebote zu machen, weil mehr Gemeinschaftflächen wie Sportanlagen oder Kursräume zur Verfügung stünden. Lehrer fänden mehr Möglichkeiten, sich fachlich untereinander auszutauschen. Am Ende komme es auf die Gebäude an, sagt Kahlert, und darauf, ob das Rektorat die Schule mit "pädagogischer Qualität" führe. In Haar hieß es zuletzt, die beiden Schulgebäude sollten separate Haupteingänge haben. Beide Gebäude sollen organisatorisch ein Haus, gefühlt aber zwei Häuser darstellen.

Wegen der Kritik soll es am Dienstag im Gemeinderat grundsätzlich werden. Bürgermeisterin Müller will die Argumente für den Bau im Jagdfeld erläutern. Dann soll es dazu, wie es aus dem Rathaus heißt, noch einmal einen Beschluss geben.

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